Viva la Revolución? Unser Test zu Homefront: The Revolution

Der erste Homefront Ableger legte einen durchschnittlichen Start einer jedoch interessanten Marke hin. Viele erkannten großes Potenzial in dem einstigen THQ Franchise. Der Nachfolger setzt auf Open-World, Next-Gen-Technik und Individualisierung. Aber ob die Revolution glückt, erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen.

Eine Supermacht auf Knien

Quelle: Dambuster Studios/ Deep Silver/ Koch Media

Die Vereinigten Staaten stehen am Abgrund. Kriege, sowie Milliarden Einkäufe bei der zwielichten nordkoranischen Firma Apex haben die USA in eine tiefe Krise gestürzt. Der Plan der Nordkoreaner geht auf. Denn in den technischen Geräten, die die Firma an die Amerikaner verkauften, befand sich ein versteckter Mechanismus, der die Geräte komplett lahm legt. Somit auch die Millionen Waffen, Smartphones oder Tablets. Ein leichtes Unterfangen also die USA einzunehmen. Doch wie gegen jede Unterdrückung entsteht auch hier ein Widerstand, der Versuch einer Revolution.

Wir selbst schlüpfen in Homefront: The Revolution in die Rolle des stummen Charakters Brady, der ein Teil des Widerstandes in Philadelphia wird. Auch wenn es sich um ein fiktionales Szenario handelt, so erscheint die Welt aber glaubwürdig. Die Welt gleicht einer von Bürgerkriegen zerrissenen Landschaft. Überall patrouillieren die feindlichen KVA Truppen und Drohnen, die gerne auch mal die verarmte, amerikanische Bevölkerung schikanieren. Letztere kommen in Hinterhöfen zusammen, beinahe wirken diese schon wie Slums. In Philadelphia befinden sich auch Wachtürme und Posten der KVA.

Auch die Rebellen sind glaubwürdig dargestellt. Sie halten sich bedeckt im Hintergrund, besetzen auf Karten nicht verzeichnete U-Bahn Stationen. Graffitis und Plakate zeugen von dem Hass gegenüber der Nordkoreaner. Zudem wurden Zelte aufgeschlagen und kleine Lagerfeuer entfacht. Ein wenig fühlte ich mich hier an die russischen U-Bahn Schächte in Metro 2033 erinnert, auch weil nicht an Details gespart wurde und somit auch Glaubwürdigkeit entsteht. Damit einher geht auch die Erschaffung einer tollen Atmosphäre, die sich klar von Spielen wie Call of Duty, Far Cry oder Battlefield abhebt und dem Erlebnis sehr zugute kommt.

Für eine Revolution braucht man das Volk

Quelle: Dambuster Studios/ Deep Silver/ Koch Media

Als frischer Guerilla Kämpfer gilt es nun also die Widerstandsbewegung in der gesamten Stadt zu vergrößern und die Truppen der Nordkoreaner zurück zu drängen. Dazu müssen wir Geräte sabotieren, Truppen bekämpfen, Posten einnehmen und amerikanische Bürger retten. Zu Beginn besitzt man nur eine einfache Pistole. Jedoch kann man gegen Geld, das man für erfolgreiche Missionen erlangt, auch seine Aufrüstung verbessern und sich neue dazu kaufen. So kann man seine Pistole zu einer Maschinenpistole mit Rotpunktvisier und Schalldämpfer umfunktionieren. Auch Kleidung kann erworben werden. Allerdings besitzt diese „nur“ einen statistischen, bzw. funktionellen und keinen kosmetischen Wert, da wir unseren eigenen Charakter nie selbst zu Gesicht bekommen. Das Modifizieren geht sogar unterwegs dank nur weniger Handgriffe sehr flott, auch das Menü dafür ist übersichtlich und definitiv ein Plus-Punkt.

Quelle: Dambuster Studios/ Deep Silver/ Koch Media

Allerdings gibt es zahlreiche Truppen, Drohnen und Überwachungskameras. Dadurch hilft es wenig auf den Pfaden von Rambo zu wandeln, sondern muss verdeckt operieren. Das gilt für die Straßen der Stadt, als auch für die weitläufigeren Areale zwischen den Stadtbezirken. Sollte man dennoch entdeckt werden, gibt es zwei Optionen. Entweder doch den Rambo raus hängen lassen, oder die deutlich vielversprechendere Variante: Beine in die Hand nehmen! Um wieder unterzutauchen helfen dunkle Ecken, Container oder leer stehende Dixi Klos, bis der Alarm vorüber ist.

Einen Bezirk zu erobern ist jedoch leichter gesagt als getan. Die Bürger lassen sich natürlich nicht einfach so für einen Aufstand gegen eine überlegene Militär Macht begeistern. Drum kann man natürlich Radios suchen, um sie auf den Rebellen Kanal umzustellen, die Methode dauert jedoch ungemein lange. Schneller geht es dagegen, wenn man innerhalb eines Bezirks Posten einnimmt. Meistens schleicht man sich dort über Kletterpassagen in ein Gebäude und hackt sich dort in den Zentralserver. Leider ist die Steuerung beim Klettern etwas hakelig. Vorsprünge die selbst Rentner überwinden sollten, scheinen oft eine große Herausforderung für unseren Widerstandskämpfer zu sein, teils waghalsige Sprünge funktionieren mal schon, mal nicht. Zudem wiederholt sich die Art Posten einzunehmen ständig, weshalb anfangs die Motivation noch hoch ist, aber zunehmend sinkt.

Sam Fisher oder Rambo?

Quelle: Dambuster Studios/ Deep Silver/ Koch Media

Das Schleichen in feindlichen Basen ist eigentlich auch ein Feature das viel Spaß verspricht. Doch leider baut sich hier ein Zwiespalt auf. Während es zum einen nicht immer sinnig ist sich durch die Armee zu ballern, sehen einen die Gegner beim schleichen teilweise sogar durch feste Objekte hindurch. Die KI der Gegner zeigt jedoch sehr schwankende Tendenzen. Während ich gerne mal schon aus der Entfernung hinter einem Bus gesehen wurde, fühlten sich manche Soldaten nicht gestört wenn ich 10 Meter entfernt mit einer Waffe auf sie gezielt habe. Auch braucht man nicht alle Gegner in einer Basis auszuschalten. Wenn man das eigentliche Ziel, ein Terminal zu hacken, erreicht ist, verschwinden die Feinde plötzlich von selbst. Ist praktisch, aber ziemlich unrealistisch. Wenn man einen Bezirk dann aber für sich gewonnen hat verändert sich das Bild dort. Die Menschen protestieren, trauen sich auf die Straßen und bekämpfen sogar übrig gebliebene KVA Soldaten. Was der Tatsache jedoch etwas die Dynamik nimmt, ist der ausbleibende Versuch der Koreaner die Ort zurückzuerobern, weshalb es nie dazu kommt, dass man seine Stützpunkte verteidigen muss. Immerhin wird mir allerlei Guerilla Werkzeug an die Hand gegeben. Ob zerstörerische Waffen wie Brandbomben oder Granaten, oder Hacking Geräte um mich durch Tore zu schleichen, die technischen Hilfen sind sinnvoll, machen Spaß und lassen sich auch selbst craften.

Quelle: Dambuster Studios/ Deep Silver/ Koch Media

Der alleinige Kampf per Waffe hinterlässt dagegen einen faden Beigeschmack. Das Gunplay ist ein gutes Stück von Spielen wie Halo, Destiny, Titanfall oder Call of Duty entfernt. Nicht nur, dass sich Schüsse , sowie die gesamte Waffe merkwürdig anfühlen, auch das Treffer-Feedback ist nicht gelungen. Im Gegensatz zum Vorgänger ist dies eine Verschlechterung, dort hatte ich nämlich ein deutlich angenehmeres Waffen Handling. Ich kann zur Unterstützung aber auch weitere Rebellen anheuern, denen ich unterwegs begegne. Diese folgen mir dann auf Schritt und Tritt. Eine gute Idee ist das aber trotzdem nicht, denn die zögern meist nicht lange und schießen alles kurz und klein, anstatt es zuerst mit Schleichen zu probieren. Ja die KI macht in vielen Belangen Probleme, leider auch in den Gefechten selbst. Während sie sich einerseits clever verschanzen, begehen sie jedoch auch fragwürdige Fehler. Nicht selten brauchte ich mich nur in einem Raum verschanzen und schon kam die ganze Meute einer nach dem anderen in den Raum, blickte fragend um sich und ergab sich seinem Schicksal. Die nachkommenden Soldaten schienen nie wirklich verstanden zu haben was vor sich ging und begaben sich ebenfalls in den Raum um sich in die Mitte zu stellen. Das ist ein mal witzig, danach aber eher zum Stirn runzeln.

Die große Stärke von Homefront: The Revolution ist natürlich die Welt und die Atmosphäre die kreiert wird. Dennoch verschenkt man viel Potenzial bei der Story. Da unser Protagonist nie das Wort ergreift, bleibt er blass und man baut absolut keine Verbindung zu ihm auf. Auch die Nebencharaktere auf Seiten der Widerstandskämpfer bleiben blass. Sie bewegen sich nur auf Klischee Vorlagen und kommen nie von diesem Pfad runter, was die Charaktere sehr eindimensional und langweilig macht. Da man selbst zudem keine freien Entscheidungen in Bezug auf die Story treffen kann, ist es schwierig einen Bezug zwischen sich selbst und der Revolution aufzubauen. Man fühlt sich nur als kleiner Baustein des Widerstandes, nicht aber als einer der entscheidenden Faktoren, wie es einem das Spiel aber vorgibt. 

Zu viele Köche verderben den Brei

Das Spiel der neu gegründeten Dambuster Studios gibt ein optisch gutes Paket ab. Effekte wie Feuer oder Explosionen sind sogar überdurchschnittlich und können echt etwas hermachen. Zudem finde ich die Sound und Musikauswahl gelungen, was ich jedoch nicht unbedingt von den deutschen Stimmen der Charaktere behaupten kann. Die belegen bestenfalls das Mittelfeld. Wenn man über die Technik des Spiels spricht, dann kommt man aber nicht drum herum zu erwähnen, dass das Spiel sehr unfertig wirkt. Zwar war die Entwicklungszeit mit vier Jahren nicht gerade kurz, die vielen Studio Wechsel haben aber spürbar an dem technischen Zustand gezehrt. Das können zwar eher banale Dinge sein, wie etwa Münder die sich beim Reden nicht bewegen. Aber oft sind es eher schwerwiegende Fälle, wie Objekte oder Gegner die deutlich verzögert es ins Bild ploppen, oder auch fehlerhaft. Bei einer Figur etwa erschien nur der Kopf, der Körper erst deutlich später. Zudem fühlt es sich unglaubwürdig an, wenn vor einem ein Gegner aus dem Nichts erscheint, oder aus einer Sackgasse plötzlich nach und nach Soldaten erscheinen. Auch Texturen werden oftmals erst verzögert geladen, selten passiert es auch dabei, dass eine Textur dann komplett nicht geladen wird. Viel schlimmer jedoch ist aber die Framerate.

Quelle: Dambuster Studios/ Deep Silver/ Koch Media

Die bewegt sich gefühlt fast nie bei den versprochenen 30 Frames per Second. Oft bricht die Framerate gerade in actionreichen Sequenzen ein, weshalb das Bild nur selten flüssig erscheint. Ruckler gehören ebenso dazu, wie ständiges Einfrieren des Bildes, jedes mal wenn das Autosave Symbol erscheint. Diese Probleme gab es trotz des Day One Patches. Nicht nur die von mir getestete Xbox One Fassung ist betroffen. Auch die PS4 Fassung kommt laut vielen Reviews, sowie Framerate Tests von Digital Foundry in Gefechten gerade so auf über 20 fps. An einigen Stellen fallen die Konsolen Versionen sogar darunter. Selbst die PC Version hat mit Schwankungen von über 60 fps bis runter auf fast 0 fps zu kämpfen. Ich bin wahrlich niemand der sich bisher groß von weniger guten Raten bei der Framerate hat stören lassen. Homefront: The Revolution hat aber auch meine Nerven etwas strapaziert und so hoffe ich stark, dass zumindest die Freezes ausgemerzt werden. Zu guter Letzt sei noch der Koop-Modus erwähnt. Man verzichtet zwar auf den klassischen Multiplayer, wie er noch in Teil 1 vorhanden war, aber der Koop-Modus kann durchaus für Abwechslung sorgen. Dort erhält man Missionen, die man losgelöst von der Einzelspielerkampagne mit drei weiteren Mitstreitern bewältigen kann. Es ist nichts, was ähnlich lange wie ein Multiplayer unterhalten könnte. Aber ein paar Runden machen tatsächlich Spaß, mehr scheint aber aufgrund des turbulenten Entwicklungsprozesses nicht drin gewesen zu sein.

Fazit

Es ist wirklich schade, wenn man bedenkt wie gut dieses Spiel hätte werden können. Die Ansätze sind schließlich da. Eine gute geschichtliche Ausgangsbasis, eine glaubwürdige Welt, die dieses Bild sehr gut ausschmückt, eine dadurch selten erlebte Atmosphäre, gutes Waffen Tuning, sowie eine gute Marschrichtung, wie das Entfachen einer Revolution spielerisch aussehen kann, auch wenn natürlich viel Far Cry Inspiration drin steckt. Doch leider macht das Spiel auch vieles falsch, was besonders ärgerlich ist. Nicht nur die vielen Grafikfehler und Ruckler stören. Das mäßige Waffen Handling, das sehr repetitive Spieldesign, die schwankende KI, sowie die uninteressanten Charaktere und die fade Story verhindern eine deutliche höhere Wertung. Ich fühlte mich in einem Moment noch von der Welt angezogen und beim Bewältigen einer Mission, nur um kurz danach wieder durch irgendwelche Ärgernisse herausgerissen zu werden. Sollten die technischen Mängel behoben werden, kann man sich dem Spiel durchaus widmen, wenn man einem selbst die Vorteile überwiegen. Ich persönlich hoffe aber inständig auf einen dritten Teil. Ohne Studio Wechsel, mit würdiger Story, mit eigenen Visionen und dann glaube ich nach wie vor, Homefront kann immer noch etwas ganz Großes werden. 

Good

  • Tolles Szenario
  • Glaubwürdig ausgearbeitete Welt
  • Gute Guerilla Atmosphäre
  • Waffen Tuning weiß zu gefallen

Bad

  • Fade Story und Klischee Charaktere
  • Schwere technische Mängel (Grafik/KI)
  • Aufgaben wiederholen sich spielerisch
  • Waffen Handling nicht optimal
  • Steuerung teilweise unpräzise
7

Gut

The Guy who loves Videogames

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