Letztes Jahr erschien im Herbst 2014 Wasteland 2 für den PC, welches der Nachfolger zu dem Titel aus dem Jahre 1988 ist. 26 Jahre später hatte es Brian Fargo mit Kickstarter geschafft, ein Urgestein, älter als Fallout, wieder aufleben zu lassen und gerade viele alteingesessene Fans und Taktiker mochten das neue Spiel. Nun rund ein Jahr später wurde Wasteland 2 in einer Director’s Cut Fassung auch für PS4 und Xbox One veröffentlicht in der Unity 5 Engine und mit anderen Anpassungen. Kann das Taktik Rollenspiel, welches man eigentlich wohl für Maus und Tastatur ausgelegt hatte auch auf der Konsole überzeugen, oder hinkt es letztendlich doch seinen Erwartungen hinterher? Das erfahrt ihr hier.
Die Welt von Morgen
Wie schon im eigentlich bekanntesten Konkurrenten spielt Wasteland 2 in einer postapokalyptischen Welt. Wie lange danach, weiß keiner. Was passiert ist, ebenso nicht. Die Aufzeichnungen jener Tage sind vergangen, vieles nur noch Mythen und Legenden in einer Umwelt, die den Menschen nicht unbedingt wohlgesonnen ist, aber man versucht sich wieder auf der Erde sein Leben aufzubauen. So gibt es Siedler die neue, ja halt Siedlungen gründen, Forscher die versuchen die Umwelt wieder friedlicher zu machen, aber natürlich auch Banditen die andere terrorisieren und ihre eigene Weltordnung aufbauen, wilde Roboter, Mutanten und nicht zuletzt wir, die Dessert Ranger, die versuchen ein wenig Recht und Ordnung in diese bedrohliche Welt, bzw. im Spielgebiet Arizona, zu bringen. So wirft euch das Spiel auch relativ abrupt in die Geschichte rein.
Einer euer Vorgesetzten gibt euch den Auftrag den Mord an einem Ranger zu untersuchen, der scheinbar Opfer von einer sehr fortgeschrittenen Waffe wurde. Gesagt getan, macht ihr euch zusammen als 4-köpfiges Team, dass ihr euch selber zusammenstellen und kreieren könnt auf den Weg nach Spuren zu suchen. Dabei dauert es jedoch relativ lange, bis ihr den roten Faden findet und wirklich der Hauptstory folgen könnt. Doch Wasteland 2 lebt natürlich auch von den ganzen Geschichten und Nebenquests, die es drumherum erzählt. Beginnend am besten immer mit dem Beispiel, dass ihr kurz nach eurem Aufbruch Funksprüche erhaltet, einmal von der Siedlung Highpool, die gerade von Banditen angegriffen wird und zum anderen von einem Agrar-Forschungszentrum, dass scheinbar von mutierten Pflanzen überrannt wird. Wem helft ihr? Je nach Entscheidung hat dies für das Spiel verschiedene Konsequenzen, was ihr tun könnt und wie sich das für euch auswirkt.
Die Stadt könnte euch fortan als Anlaufpunkt und Handelspartner dienen, während ihr in der Forschungsanlage evtl. neue Waffen bekommt. Sehr schön dabei ist auch, dass euch das Spiel in gewissem Maße auch Schuldgefühle einredet, da ihr je nach gewählter Mission immer wieder neue und heftigere Hilferufe aus dem anderen Gebiet bekommt. Daher wird von der Fülle an Aufgaben und was es zu entdecken gibt einem nicht langweilig. Die Autoren konnten sich stark ausleben und kleinere Geschichten einbauen, die ihr entdecken könnt. Nur lesefaul dürft ihr dabei nicht sein.
Vier Freunde sollt ihr sein
Wie schon erwähnt dürft ihr zu Beginn des Abenteuers eine vierköpfige Truppe zusammenstellen. Entweder aus vorgefertigten Charakteren oder ihr stellt euch alle minutiös selber zusammen. Neben typischen Anpassungsmöglichkeiten für Optik, ist vor allem natürlich die Werteverteilung sehr wichtig und lässt euch keine Alleskönner bauen. Dabei gibt es natürlich sieben RPG Standard Werte wie Stärke, Intelligenz, Koordination und weitere, auf die ihr Punkte verteilen könnt, zum Start und nach einem Level-Up.
Selbst bei den 29 Fertigkeiten die es gibt, habt ihr nicht genug Punkte, damit ihr mit dem Team alles abdecken könnt. Ihr müsst euch schon entscheiden, ob ihr Punkte in Medizin steckt, in Hacking, Reparieren, Biologie oder Waffengewalt. Natürlich müsst ihr nicht zwangsweise in eine Richtung den Charakter ausbauen, sondern könnt beliebig mischen, aber es erhöht zweifelsohne den Wiederspielwert. Denn nicht nur, dass je nach Waffenart, z.B. Energiewaffen gut gegen Roboter, Schusswaffen gegen Menschen etc. eine wichtige Rolle spielen, auch gerade die Lösungsmöglichkeiten durch die Fertigkeiten der Charaktere entscheiden sich schon teilweise gravierend.
Mal könnt ihr ein Computersystem hacken um eine Tür zu öffnen, dann einen Kran evtl. bedienen um eine Brücke über einen Abgrund zu bauen, dann jemanden einschüchtern damit sich euch der Weg öffnet und und und. Beim einmaligen Durchspielen habt ihr auf Grund der Wege und gewählten Fähigkeiten einfach schlicht nicht die Möglichkeit alles zu sehen und ist damit ein Pluspunkt, vor allem, da es dem Spieler so die Freiheit gibt seinen eigenen Weg zu gehen.
Im Director’s Cut könnt ihr zudem auch sogenannte Quirks und Perks für euren Charakter wählen. Dies sind Charaktereigenschaften, die nicht unbedingt einen positiven Effekt haben müssen, aber eurer Heldentruppe ein wenig mehr Leben einhauchen. Zu den vier selber erstellten Charakteren könnt ihr im Laufe des Abenteuers auch bis zu 3 weitere Charaktere anheuern in eure Party, so dass ihr letztendlich auf sieben Leute in der Gruppe kommt. Dabei trefft ihr auch nicht auf alle Charaktere beim ersten Spieldurchgang, da je nach Entscheidung einige einfach versterben werden.
Zug um Zug
Während ihr außerhalb von Kämpfen in Echtzeit über die Karte zieht und mittels dem L- un R-Stick Kamera drehen, zoomen und sonstwas könnt, was eigentlich ausgesprochen gut funktioniert, landet ihr in Gefechten in einem Runden-Taktik-Spiel ähnlich X-Com oder die frühen Fallout Teile.
Jeder eurer Charaktere hat ein bestimmtes Kontingent an Punkten, für die er sich bewegen, schießen, ducken, in Overwatch gehen und ähnliches machen kann. Neu im Director’s Cut ist, dass ihr auch jetzt einzelne Körperteile anvisieren könnt, wobei die Trefferchancen dieser zunächst noch relativ gering sind. Sobald dann alle eure Charaktere am Zug waren sind die Gegner dran. So geht das natürlich abwechselnd bis eine Seite gewonnen hat. Generell gibt es dabei viele taktische Möglichkeiten, alleine durch die Waffenarten wie ich oben erläutert habe oder auch durch Deckungsspielereien.
Ihr könnt auch Gegenstände oder Waffen zerlegen könnt um eure eigentlichen Waffen zu verbessern, z.b. mit neuem Zielfernrohr. Dies trägt zu der ganzen taktischen Komponente bei genauso, wenn ihr dem Gegner in die Flanke fallen wollt. Auf der anderen Seite wird die Spielweise auf Dauer jedoch eintönig. Während ihr in anderen Rollenspielen natürlich neue Fähigkeiten oder Perks bekommt, die euren Kampf beeinflussen, ist dies hier nicht der Fall. Alle Charaktere haben dieselben Möglichkeiten was sie machen können und entscheiden sich nur durch die Waffenarten im Kampf.
Natürlich verstärken sich diese Charaktere durch neue Level oder bessere Waffen, aber der generelle Spielfluss bleibt erhalten. Dabei sind die Gefechte auch knüppelhart. Die Ranger halten nicht viele Treffer aus, die Gegner reagieren meist intelligent und gerade Munition für starke Waffen ist rar gesät und man sollte sich vorher damit eindecken.
Technisches Allerlei
Bezüglich Steuerung hab ich schon erwähnt, dass sie soweit gut umgesetzt wurde für eine Konsole. Es funktioniert für meinen Geschmack nicht alles so toll wie bei der Konsolenumsetzung von X-Com oder geschweige Diablo 3, welches ich auch nie zugetraut hätte, dass dies so gut gelingt. Mittels Kreismenu könnt ihr so z.B. Fähigkeiten bequem und schnell auswählen und auch das positionieren eurer Charaktere geht relativ gut von der Hand. Natürlich merkt man dennoch, dass ein derart komplexes Spiel mit Maus immer noch besser steuerbar ist, aber es sind halt eher die kleinen Punkte, die dabei angekreidet werden müssen. So dauert halt vieles einfach ein-zwei Klicks länger, wenn ihr in ein bestimmtes Menu wollt, ins Inventar, Gegenstände zwischen Charaktere tauschen usw. Dies ist auf Dauer natürlich nervend.
Auch optisch ist das Spiel keine Augenweide. Sicherlich versucht man mittels der verbesserten Engine noch einiges aus dem Titel rauszuholen, aber es ist nunmal keine Engine, die Triple A Titel nutzen, dies muss man dabei berücksichtigen. Dennoch ist natürlich die vor allem braune Farbgebung des Ödlandes etwas, was das Spiel nicht wirklich hübsch macht und vor allem Charaktere und NPC’s sind sehr detailarm. Weiterhin unschön ist vor allem die Schriftgröße bei den Texten. Zu lesen gibt es nämlich verdammt viel, auch wenn zum Glück fast alle Dialoge vertont wurden. So könnt ihr zwar die Schriftgröße ändern, aber selbst bei der größten Darstellung ist das entziffern doch schwierig, wenn ihr halt weiter weg von eurem Fernseher sitzt.
Auf Seiten des Klangs ist die Vertonung in der Regel gut gelungen und auch musikalisch kann man nicht meckern über Themes, die sich passend in die Thematik einfügen. Letzlich anzumerken sind jedoch viele Übersetzungs- und Grammatikfehlern in den Texten, die den Gesamteindruck natürlich nochmal ein bisschen runterziehen.
Fazit
Das ursprüngliche Wasteland hab ich selber natürlich nicht gespielt, immerhin war ich damals auch gerade erst 2 Jahre alt. Doch war ich später großer Fan der Fallout Teile mit der Mischung aus Endzeit und dem taktischem Rollenspiel Aspekt und hatte mich damals auf Wasteland 2 gefreut, weil es einfach diesen Nostalgie Charme hatte. Die PC Version hatte mir auch soweit Spaß gemacht und auch die PS4 Version hat ihre Stärken. Jedoch lange fesseln konnte sie mich jetzt auch nicht, da bin ich doch einfach zu verwöhnt von der Steuerung auf dem PC, die ich um einiges besser finde, da hier mir einiges einfach zu lange dauert. Dabei ist Wasteland 2 bei weitem kein schlechtes Spiel und gerade die Neuerungen im Director’s Cut geben frischen Wind wieder, aber mit bisschen mehr Zeit hätte man einige Sachen einfach runder abwickeln können. Wer wieder auf einen Nostalgie Trip reisen möchte und sich nicht vor langen Texten und Eingewöhnung abschrecken lässt, dem sei definitiv empfohlen dem Titel eine Chance zu geben.