Unser Test zu Mafia 3: Riesen Gangster Epos oder unbedeutender Kleinkrimineller?

Eines der wohl am meist erwarteten Spiele war dieses Jahr sicher Mafia 3. Die bereits beliebten Vorgänger, allen voran natürlich der Erstling, konnten damals mit toller Story, schönen Setting und guter Atmosphäre punkten. Dinge, die sich auch der neue Teil vorgenommen hat. Doch reißt das Gameplay womöglich das Potenzial nach unten?

Es lebe die Mafia?

Quelle: 2K

Sehr merkwürdig, dieser Beginn von Mafia 3. In einer Art Dokumentation erzählen uns Charaktere von der Geschichte rund um Lincoln Clay, einem Kriegs-Veteran, einem Schwarzen, einem breit gebauten und loyalen Soldaten. Wie in einem Protokoll erzählen sie über die Ereignisse, und dann wirft uns das Spiel genau in jene Erzählungen. Solche Zeitsprünge erleben wir später noch öfter. Ein unkonventioneller Einstieg, aber dafür umso interessanter. 

Lincoln Clay kommt aus dem Vietnam Krieg zurück in seine Heimat, New Bordeaux. Er trifft auf Familie wieder, alte Bekannte. Doch Sammy, der Besitzer des Hollow Distrikts und Lincolns Ersatz Vater, hat Probleme mit anderen Banden, in dessen Konflikt Lincoln sich ebenfalls einmischen will. Doch auch die italienische Mafia rund um dem Mafia Boss Marcano schaltet sich ein. Sie wollen Sammy ebenfalls beseitigen und Lincoln steht zwischen den Fronten. Was dann aber passiert, wäre wahrscheinlich zu viel Spoiler. So viel sei aber gesagt, die Mafia gilt es für Lincoln zu bekämpfen und sein eigenes Imperium aufzubauen. 

Aber als Spieler habe ich schnell gemerkt, wie mich die Geschichte in den Bann zieht. Es gibt Verknüpfungen, die man nicht gleich versteht, aber mit der Zeit fügt sich ein großes Gesamtbild zusammen. Die Story ist schon gleich zu Beginn spannend, mitreißend und auch fortlaufend ein immer währender Antrieb dieses Spiel weiter zu spielen. Das liegt unter anderem an der großartigen Inszenierung. Die Zwischensequenzen, die das Geschehen sehr cineastisch darstellen, sind qualitativ auf einem absoluten Höchst-Level. Besonders die Mimik der Charaktere ist sehr gut gelungen, wodurch die Charaktere an Glaubwürdigkeit gewinnen. Auch in der Erzählstruktur marschiert Mafia 3 voran. Die Handlung wird stets gut erzählt und die Charaktere werden in ihrer Motivation und ihren Charakterzügen sehr schön dargestellt, so dass diese wirklich interessant und wichtig für die Geschichte sind. 

New Bordeaux in den 60ern

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Die Story hat zudem nie einen Leerlauf. Das ganze Spiel basiert in seiner Welt und in seinen Missionen stets auf der Geschichte und die Sequenzen sind immer gut dosiert und zum richtigen Zeitpunkt eingestreut. Das erzeugt einfach eine wunderbare Atmosphäre, die von der Spannung profitiert. Das liegt aber auch an der Spielwelt an sich. Mit New Bordeaux hat man ein Setting gewählt, das zwar ein typisch urbanes Flair aufruft, aber deutlich vielseitiger ist, als man meinen würde, so gibt es neben großen Gebäuden und vollen Straßen auch Sümpfe oder Industriegebiete. Vor allem der Stil der 60er wurde schön getroffen. Ob Kleidung, Autos, Gebäude oder Musik, das Setting ist einfach zum Verlieben, auch weil es nicht häufig zum Einsatz kommt. Zu Born to be Wild von Steppenwolf durch die Straßen der Stadt zu fahren und den Flair der 60er aufzusaugen, das hat tatsächlich was. Dank vieler Rock aber auch toller zeitgenössischer Jazz Stücke punktet das Spiel auch musikalisch.  

Ebenfalls großartig ist der Einbezug der sozialpolitischen Ereignisse zu der Zeit in den 60ern. Das Spiel macht uns von vornherein klar, dass Rassismus ein wichtiges Element des Spiels ist, man aber diesen nicht gut heiße und komplett ablehnt. Es ist wirklich erstaunlich mit wie viel Detail diese Aspekte ins Spiel eingebaut wurden. So wird Lincoln aufgrund seiner Hautfarbe zwar in entsprechenden Vierteln sehr herzlich aufgenommen und persönlich angesprochen, in reicheren Vierteln, die aber ausschließlich von weißen Bürgern bewohnt werden, wird Lincoln aus Kneipen geschmissen und auch auf der Straße meidet man die Schwarzen. Es wurden zahlreiche, eigentlich unwichtige, NPC’s vertont, die nochmals atmosphärisch einen oben drauf setzen. So reagieren Weiße geschockt wenn man durch die reichen Viertel läuft. Aber auch abseits davon unterhalten sich die NPC’s viel Überall in der Stadt schnappt man Gespräche auf. Über dies und das, als auch über die Thematik Schwarze und Weiße. Das lässt die Welt wirklich lebendig wirken. Zwar empfiehlt es sich natürlich die Sprachausgabe auf Englisch zu belassen, damit der Slang deutlicher rüber kommt, allerdings erleben wir auch in Mafia 3 eine hervorragende deutsche Synchronisation, mit der man auch definitiv nichts falsch macht.

Guter Ansatz, schlecht zu Ende gedacht

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Doch was gilt es nun im Spiel zu tun? Lincoln Clay will sich gegen die Mafia stellen. Doch alleine ist das natürlich ein unmögliches Unterfangen. Daher braucht er Verbündete, denn Feinde hat die italienische Mafia genug, und der Feind meines Feindes ist schließlich mein Freund. So gilt es verschiedene Parteien mit ihren Leuten zu gewinnen. Das funktioniert, wenn wir uns in deren Gunst hoch arbeiten und Gefallen für sie erledigen und dazu wollen sie auch etwas Macht in New Bordeaux zugesprochen bekommen. Somit müssen wir bestimmte Bezirke, die von Unterbossen der Mafia kontrolliert werden, erobern. Hierfür gilt es zunächst die Geschäfte der Mafia zu stören, etwa ein Freudenhaus zu infiltrieren oder ein Gebäude zu stürmen, welches für die Lagerung von Drogen genutzt wird. Dies schadet dem Unterboss und wenn wir genug Schaden angerichtet haben, dann wird sich der Unterboss zeigen. Das ist die Gelegenheit, um diesen auszuschalten und somit den Bezirk für unsere Verbündeten zu öffnen, damit diese den besetzen können. Auf dem Weg dahin gilt es auch wichtige Informanten aufzuspüren, um mehr über die Geschäfte der Bosse herauszufinden. Die Informanten können wir natürlich töten, was schnelles Geld bringt. Oder wir können sie für unsere eigene Mafia anheuern, bzw. Für den jeweiligen Unterboss. Dadurch steigen seine jeweiligen Einnahmen, und das ist auch für uns von Vorteil.  

In den Missionen werden wir meist zu einem Gebäude geführt, in dem wir entweder jemand bestimmten umlegen müssen, oder Drogen Pakete zerstören müssen. Über zwei Wege gelangt man ans Ziel. Ich kann mir den Weg einfach frei ballern. Es gibt reichlich Deckung, hinter der ich mich verschanzen kann und gezielte Treffer landen muss. Aber das wissen auch die Feinde, denn die verstecken sich sehr gut hinter Wänden, Kisten oder Tresen. Aber das ist auch nur bedingt spaßig. Zwar funktioniert die Shooter-Mechanik solide, aber mehr eben auch nicht. Viel interessanter ist der Stealth Ansatz. Ich kann die Laufwege des Personals beobachten, die Deckung nutzen und mit einem lautlosen Kill die Gegner beiseite schaffen. Mit einem Pfeifen können auch Gegner angelockt werden, nur um sie hinterrücks auszuschalten.  

Leider tun sich auch hier Gameplay Schwächen auf. Zwar ist es sehr einfach die Deckung zu nutzen und auch um ein Objekt die Deckung zu wechseln. Allerdings ist es nicht möglich, wie es ein Gears of War 4 in diesen Tagen etwa natürlich vormacht, von Deckung zu Deckung zu gelangen. Dafür muss man im Schleichmodus die Deckung per Knopfdruck verlassen, zur Deckung laufen und erneut diese nutzen. Das ist spielmechanisch etwas umständlich. Zudem offenbart die KI hier schwere Fehler. Oftmals reicht es sich hinter einer Deckung zu verstecken, und nach und nach mit einem Pfeifen immer einzeln einen Gegner hervor zu pfeifen, um ihn lautlos auszuschalten. Selbst aus eine größere Gruppe von Gegnern nähert sich beim Pfeifen auch immer nur eine einzelne Person, weshalb diese Methode immer wieder verwendet werden kann. Die anderen werden sich nämlich nicht fragen, wo ihr Freund denn bleibt. Zudem führt Lincoln den Kill so auffällig aus der Deckung aus, dass man sich immer wieder fragt, wieso die Feinde, die sogar teilweise mit dem Blick auf meine Deckung gerichtet stehen, das einfach nicht bemerken. Zumal sie nur wenige Meter entfernt sind. Auch wenn die Gebeine mehrerer Gegner hinter meiner Deckung hervorschauen, macht es die Gegner erst stutzig, wenn sie direkt vor den Leichen stehen.  

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Der Versuch ein GTA zu sein?

Damit fallen diese Eroberungen sehr einseitig aus. Vor allem, da das Missionsdesign enorm repetitiv ist. Immer wieder werden wir irgendwo hin geschickt, um irgendwen auszuschalten, was nach immer dem gleichen Muster abläuft. Niederballern oder aus der Deckung ein bisschen Pfeifen und auf die ahnungslosen Gangster warten. Selten ist mal spielerische Abwechslung enthalten, etwa mal LKW’s zu zerstören, die Drogen enthalten, oder mal per Speedboot eine Ladung Koks zu transportieren. Und ja es tut mir zwar Leid, aber wer mit GTA konkurrieren will, muss dann auch die Kritik dafür ernten. Während ich in GTA 5 noch Banküberfalle ausführe, ein U-Boot stehle oder mich in ein Flugzeug setzen muss, frage ich mich in Mafia 3, wo die Abwechslung im Missionsdesign bleibt. Selbst in den Vorgängern musste ich mal andere Bosse unbemerkt verfolgen oder Geschäfte sabotierten. Davon ist im neuen Werk wenig zu sehen. Und nach einigen Stunden stellt sich eine wahre Ernüchterung ein, wenn man merkt, dass es spielerisch immer beim selben Schema bleibt. 

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Eine gute KI kann ich der Polizei nur bedingt bescheinigen. Nimmt eine Streife die Verfolgung auf, reichen meist zwei, drei Kurven um den Block um mich den Verfolgern zu entledigen. Immerhin: Vergehe ich auf der Straße Verbrechen, werden Passanten zu den Telefonzellen sprinten, um die Polizei zu informieren, was ich natürlich verhindern kann. Doch befinden ich mehrere Passanten dort, wird es ein anderer versuchen zu melden. Das ist zumindest ein sehr glaubwürdiger Aspekt.  

Okay, das Gameplay zeigt Schwächen, dafür war doch die Welt klasse oder? Jein. Natürlich ist die Welt, wie eingangs erwähnt, ein schöner Schauplatz, der facettenreich daherkommt und atmosphärisch gut eingefangen wurde. Jedoch verliert die Stadt auch den Vergleich mit GTA 5. Während ich in Rockstar’s Open World Abenteuer auch mal abseits der Story Missionen mit der Welt interagieren kann, wie etwa Tennis, Golf oder Dart spielen, Rennen absolvieren, Taxifahrer sein, mein Aussehen beim Barbier verändern, Kleidung kaufen, Autos tunen, Immobiliengeschäfte abschließen, sich einfach mal betrinken und und und. In Mafia 3 kann ich nichts dergleichen, außer einige Autos erwerben, Waffen kaufen und diese tunen. Aber die Welt bleibt, trotz dass es Shops, Wäschereien und Pubs gibt, die man auch alle betreten kann, eine Welt mit der ich nicht viel interagieren kann, sobald es darum geht Dinge tun zu wollen, die mal nicht mit der Story zusammen hängen. Klar, Nebenquest gibt es. Diese sind auch Teil des geschichtlichen Gesamtkonzepts und basieren somit immer irgendwie auf der Story. Aber das ist nicht mal verkehrt und lässt die Missionen zumindest glaubwürdig wirken. Das Problem bei diesen ist die reine Eintönigkeit. 

Technisch mal so, mal so

Insgesamt macht Mafia 3 einen technisch bestenfalls soliden Eindruck. Gelegentliche Clipping Fehler sind zwar vorhanden, und manchmal erscheinen Anzeigen nicht, aber insgesamt hält es sich noch in Grenzen. Dafür dass es aber ein Triple A Titel ist, scheint man sich aber wenig dem Plishing gewidmet zu haben, denn für einen so großen Titel sind derartige Fehler schon untypisch. Grafisch lebt Mafia 3 in zwei verschiedenen Welten. Während die Videosequenzen erstklassig aussehen und besonders die Gesichter der Protagonisten sehr belebt darstellt, sehen manche Gegenden immer noch ziemlich hübsch aus, aber viele Viertel einfach auch eher dürftig. Das Spiel bietet von Wow bis Pfui so ziemlich alles, so als habe man sich nur auf wichtige Passagen konzentriert. So ist ein Raubüberfall, den man am Anfang noch spielt und auch der einzige sein wird, auch grafisch wirklich sehr gelungen dargestellt worden, andere Orte dagegen hätten auch noch aus Mafia 2 stammen können.  

Einen großen grafischen Sprung erleben wir also hier nicht. Zwar kommt das Spiel ohne Ruckler oder Freezings aus, da das Spiel sehr konsequent mit 30 Frames per Seconds läuft. Laut einer Digital Foundry Analyse aber leiden besonders die PS4 und Xbox One unter vielen Frametimes. Dadurch wirkt das Bild oftmals leicht stotterig, ohne aber wirklich zu ruckeln. Ein durchgehend flüssiges Bild wird somit leider verhindert. Das ist bereits eine kleine Krankheit, die es schon bei The Witcher 3 gab, auch wenn das um Längen besser aussah als es Mafia 3 tut.

Fazit

Ach Mensch, was habe ich mich auf dieses Spiel gefreut. Doch Mafia 3 hat es irgendwie geschafft diese Freude stark zu dämpfen. Und das ist deswegen so schade, weil die gute Story auch wunderbar und spannend erzählt wird. Die Inszenierung dieser ist wirklich gelungen und die Charaktere sind dank toller Mimik und Sprachausgabe glaubhaft und gerade die Persönlichkeit von Held Lincoln Clay wird gut dargestellt. Zudem gesellt sich eine interessante Spielwelt, die das grandiose Setting toll auffängt und auch das schwierige Thema Rassismus als Element dieser Welt gelungen integriert. Wieso also soll man da nicht begeistert sein? Leider ist das Missionsdesign sehr repetitiv und lässt nach einigen Stunden schnell die Motivation schwinden, da man immer wieder dasselbe machen soll. Dazu gesellen sich KI Probleme und ein nicht ganz spielerisch sauberes Deckungssystem. Ein Grund das Spiel komplett abzustrafen? Nein das nicht. Denn allein die Geschichte und die Inszenierung sind es wert dieses Spiel immer weiter zu spielen. Und immerhin spielen sich Shooter und Stealth Mechanik im Kern sehr solide. Es lohnt sich also durchaus mal in einen der 60er Schlitten einzusteigen, einen coolen alten Rock n‘ Roll Hit zu hören, und sich auf das Spiel einzulassen. Der große Hit ist es nur leider nicht geworden, geschweige denn ein ernsthafter Konkurrent für GTA.

Good

  • Grandiose Inszenierung und Story
  • Glaubhafte Charaktere
  • Hervorragende Umsetzung des Settings und der Stadt
  • Toller Soundtrack
  • Sehr gute Sprachausgabe

Bad

  • Missionen verlaufen immer gleich
  • Schwache KI im Stealth Modus
  • Technisch nicht rundum sauber
  • Deckungs-Mechanik nicht ganz zu Ende gedacht
  • Spielwelt außerhalb der Story-Missionen wenig interaktiv
7.6

Gut

The Guy who loves Videogames

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