In Mirror’s Edge: Catalyst begibt sich Faith wieder auf die Dächer der Stadt und kämpft gegen die Unterdrückung. Anstatt linearen Levels zu folgen setzt DICE hier auf Open-World-Mechanik, was im ersten Moment auch gut klingt. Wieso sich dieses Prinzip jedoch nicht ganz behaupten kann, erfahrt ihr in diesem Test.
Nur der Abgrund als Begrenzung
Zum Einstieg befindet sich aus ungeklärten Gründen die Runnerin Faith in Jugendhaft, wen die Gründe interessieren, der kann sie im Comic Mirror’s Edge Exordium nachlesen. Auch die kompletten Umstände der Welt, die von einem gewissen Konglomerat gelenkt wird, dessen exekutiver Arm in Form des Sicherheitsunternehmens Kruger Security für Ordnung sorgt, bleiben ungeklärt. Stattdessen wird von Anfang an Stimmung dagegen gemacht, indem man ein paar Brocken von vermeidlich schlimmen Taten ihrerseits vorgesetzt bekommt. Schade, dass man auch hier ohne jegliches Wissen agieren soll. Noch bevor man aus dem Gefängnis komplett entlassen wird, öffnet ein überheblicher Junge namens Icarus eine Seitentür, durch welche Faith fliehen soll, obwohl die Entlassung nur noch wenige Minuten dauern würde. Logischerweise wird ein Alarm ausgelöst und man muss fliehen. Von da an kann man Mirror’s Edge: Catalyst so genießen, wie es Fans der Reihe lieben, zumindest bis die nächste belanglose Zwischensequenz startet. Schließlich ist es auch vor allem der Flow und das Gefühl der Bewegung, von welchem Mirror’s Edge: Catalyst lebt. Hindernisse sind in den verschiedenen Bereichen allesamt ziemlich gut positioniert, wodurch man durchgehend spannende Bewegungsabläufe aus Wallruns, Sprüngen, Drehungen und so weiter durchführen kann. Wenn man ein paar Erfahrungspunkte hat, kann man sein Move-Set noch mehr erweitern, wodurch der Flow umso spannender wird. Das Gefühl für die Bewegung ist in Mirror’s Edge auch tatsächlich ziemlich einmalig und seit dem Vorgänger vor acht Jahren fand man nichts vergleichbares. Leider kommt es hin und wieder vor, dass die Bewegung durch das Auftreffen in einem leicht falschen Winkel zu einem harschen Stopp kommt. Dies passiert zum Beispiel immer wieder bei Wallruns, welche dann zu Wallclimbs werden. Oder Wallclimbs, welche bei Drehung und Absprung öfters zu einem Sturz in die Tiefe werden, was vor allem dann passiert, wenn man an eine Röhre springen möchte, da diese relativ genau getroffen werden müssen.
Die Hauptmissionen selbst bieten einige tolle Momente, wie etwa das erklimmen eines hunderte Meter hohen Krans oder die Fortbewegung in einem, sich im Bau befindlichen Skyliners, wobei die Sonne für wirklich schönen Ausblick sorgt. Auch das befestigen des Mag-Ropes (einer Art Greifhacken) an einem sich drehenden Windrad ist eindeutig ein eindrucksvoller Moment. Der Großteil der Missionen findet allerdings in den regulären Gebieten statt. Auch wenn man eigentlich selbst den besten Weg zum Ziel finden sollte, so bietet die RunnerVision einen äußerst attraktiven Vorteil. Aktiviert man das (eigentlich ist es fast immer aktiviert), so muss man nur einem roten Nebel folgen, welcher den Weg weist. Das kann zwar hilfreich sein, sollte man sich verlaufen haben, allerdings verkommt das ganze Spiel somit mehr zu einer „Renn einfach der Spur hinterher“-Mission. Doch dann sind da ja noch die Kämpfe, das Kampfsystem hat sich im Vergleich zum Vorgänger in der Hinsicht verändert, dass man nun keine Waffen mehr verwenden kann, die meisten Gegner gegen leichte Schläge nahezu immun sind und gegen Sentinels gut 10-15 Tritte nötig sind, um diese auszuschalten. Glücklicherweise kann man die meisten Kämpfe ignorieren, zumal diese regulär ausgeführt oftmals erstaunlich öde sind, da es immer nur die selben Abläufe gibt, es sei denn, man verwendet seine Umgebung um mächtige Angriffe auszuführen oder erledigt Gegner aus vollem Lauf. Daher kommt die Mission, in welcher man in einer Arena gegen eine Horde von KrugerSec Truppen kämpfen muss als erstaunlich deplatziert. Zumal die KI nicht auf höchstem Niveau agiert; teilweise schlagen die Gegner eindeutige Luftlöcher, werden gegen ein Geländer getreten und fallen nach Billigfilm-Manier ohne ersichtlichen Grund darüber oder stolpern nach feiner Slapstick-Art ineinander und nehmen bestenfalls noch ordentlich Schaden dadurch. Umso besser, dass man Kämpfen in der Regel umgehen kann.
Zwischen den Hauptmissionen steht es Faith frei, die Stadt zu erkunden, mehrere hundert Sammelobjekte zu suchen oder Nebenmissionen abzuschließen. Allerdings zeigen sich in einem solchen Spiel natürlich auch Open-World-Problematiken feinster Art. Bewegungsfreiheit klingt in einem auf Bewegung basierenden Spiel natürlich super, doch auch nur bis dahin, wo ein Gebäude keine Möglichkeit mehr bietet, es zu erklimmen oder man mal keinen Übergang zwischen zweien Häuserblocks findet. Doch meistens kann man sich entscheiden, ob man über das Dach läuft, die Balkone der Oberschicht oder manchmal auch mitten durch die Luxuswohnung oder die Büroräume. Aber ohne Ziel nimmt der Spaß daran schnell ab, denn auch wenn die Stadt schön aussieht, so ist sie wie ausgestorben, was nicht nur an dem sterilen Look liegt. Man läuft quasi nie jemandem in die Arme, und wenn doch, dann stehen sie vereinzelt und ohne jede Reaktion herum. Wieso man keine vollen Büros hat, mit Leuten die auf Kollisionen reagieren und eventuell sogar KrugerSec rufen, ist fraglich. Die einzige Interaktion mit diesen Personen ist die, dass einer in Liefermissionen für die Abgabe eines kleinen Röhrchens und die andere für die Annahme zuständig ist. Und die Nebenmissionen laufen genau so ab, wie man es erwartet. Nimm Krimskrams XY und bringe es von A nach B, während der Auftraggeber irgendwas triviales über Funk erzählt. Solche Missionen laufen immer auf Zeit und sind in der Regel extrem knapp Bemessen. Zu oft stoppte die Uhr und die Mission schlug fehl, obwohl die Zielperson nur wenige Meter vor mir stand. Umso enttäuschender ist es, wenn man die Mission schlussendlich mit dem Timer auf 00:00 schafft, die Zielperson das Päckchen nimmt und daraufhin nur rumsteht, als habe sie rein gar nichts zu tun. Warum Faith dafür ihr Leben riskiert? -Keine Ahnung. Während die Karte auf den ersten Blick noch voll von Liefermissionen, Zeitrennen und allerlei Sammelkrimskrams ist, so sieht auf dem zweiten Blick nur noch jede Menge Runs auf Zeit und, naja immer noch einen Haufen Sammelkrimskrams, der keine Auswirkung auf das Spiel hat. Dieser ist mal einfach zu erreichen, da zum Beispiel GridLeaks quasi überall sind und man eher zufällig welche einsammelt, und mal muss man auch einige Zeit investieren, um die einzig mögliche Route zu einer Tasche zu finden. Für den einen mag das motivierend sein, für den anderen einfach eine unnötige Nebensache.
Fazit
Spielt man die Hauptstory von Mirror’s Edge: Catalyst, so wird man für rund acht bis zehn Stunden recht gute Unterhaltung bekommen. Und hat man Spaß an endlos vielen knapp bemessenen Missionen auf Zeit, so wird das Spiel einen noch länger fesseln können. Ist man zusätzlich noch ein Komplettierer, hat man eine ganze Menge Arbeit vor sich. Casual-Spieler werden hingegen wohl keinen Anreiz sehen, abseits der Hauptpfade die Stadt zu erkunden, da es nichts relevantes zu entdecken gibt, egal wie so schön die Stadt aussieht und wie gut sie gestaltet ist. Klar, Dokumente und Audio-Aufzeichnungen bieten einen kleinen Einblick in das Leben vereinzelter Menschen, doch auch diese bleiben nur Oberflächlich und so banal wie die eigentliche Hauptstory. Die Open-World-Mechanik funktioniert in einem Spiel wie Mirror’s Edge einfach nicht besonders gut, zumal die Stadt dazu noch beinahe komplett ausgestorben ist und Kämpfe einfach nur zu nervigen Rangeleien werden.