Call of Duty: Infinite Warfare im Test – Ein Schuss gegen die Kritiker?

Infinite Warfare startete unter den wohl schwierigsten Bedingungen in der Call of Duty Historie. Ein auf Youtube schwer vernichtendes Urteil zum Ankündigungs-Trailer, mit Titanfall 2 und Battlefield 1 starke Konkurrenten, und dazu viel Kritik am immer noch währenden Future Setting. Trotz das Spiel diesen Voraussetzungen oder ist die Kritik berechtigt?

Ich bin Gut und du bist Böse

Quelle: Activision

Steigen wir einfach mal mit der Kampagne ein. Die von Black Ops 3 war ziemlich verzwickt, bot spielerisch einige kleinere Neuerungen mit den Fähigkeiten, erzwang sich irgendwie die Nutzung von Doppelsprüngen und war mit viel Fantasie verbunden. Dagegen wirkt Infinite Warfare irgendwie schon klassisch, so typisch Infinity Ward. Wir begeben uns in ein sehr ernstes militärisch geprägtes und sehr stereotypisches Abenteuer, wo wir Reyes spielen, der nach einem unerwarteten Angriff der Siedlungsdefensivfront auf Genf plötzlich Captain der Retribution wird, eines der letzten großen Kriegsschiffe, dass es noch auf der Erde gibt. Nun gilt es zurückzuschlagen und den Anführer Salen Kotch zu bezwingen. Die Story entpuppt sich als sehr einfache Schwarz/ Weiß Geschichte, in der der Bösewicht einfach böse ist. Viele Hintergrund Informationen darüber, wer Salen Kotch ist, warum er das tut was er tut, was er bezwecken will, was ihm an der UNSA missfällt, werden einfach im Dunkeln gelassen, weshalb nicht Tiefe zu erwarten ist. Einerseits gefällt es mir, dass man nicht wie in Black Ops 3 versucht hat, hauptsache irgendwas mit Twists zu machen, macht die enorme Einfachheit aber das Geschehen etwas plump und zu vorhersehbar. Was dagegen nicht anders zu erwarten war, die ganze Sache ist wieder einmal hervorragend inszeniert. Das beherrscht Infinity Ward unter den drei Call of Duty Studios meiner Meinung nach immer noch am besten, denn es sind nicht einfach nur die typisch wuchtigen Effekte und Explosionen. Auch das Setting und die Schauplätze werden wirklich toll dargestellt, ich hab mich stets in der Welt wohl gefühlt die mir geboten wurde. Ich hatte auch nicht so oft das Gefühl, dass sich da Dinge abspielen, die niemals, in keinem Jahrtausend dieser Welt passieren könnten. Die Dialoge halten sich in der Regel ernst , sehr sachlich, sehr militaristisch, vermeiden aber glücklicherweise diese unrealistischen, schlechten Humor mit Fancy Phrasen in hitzigen Gefechten. Jedoch fällt der hochgepriesen Heldenmut und Patriotismus mit unerbitterter Hingabe zur Armee etwas zu dick aus und man möchte manchmal am liebsten die Augen verdrehen. 

Kampagne mit Mut?

Quelle: Activision

Die Kampagne wirkt sehr nach Hollywood in der Ego-Perspektive in Michael Bay Machart. Muss man mögen, aber mich hat es gut unterhalten. Während man zwar keine grandiose Story erwarten kann, ist es eher vergleichbar mit leichter, guter, unterhaltsamer Popcorn-Kino-Kost. Auch muss ich zugeben dass einige Charaktere relativ gut dargestellt werden, und manche fängt man wirklich an zu mögen, ohne dabei eine ganz große Bindung aufzubauen, da die Geschichte aber so flach ausfiel, konnte sowas schon eher hervorstechen. Die Missionen sind zu Fuß relativ klassisch aufgebaut, man bewegt sich von Gebiet zu Gebiet, beschießt Wellen von Gegnern und kämpft sich nach und nach voran. Gespickt mit kurzen Sequenzen oder auch etwas ruhigeren Sequenzen, bildet Call of Duty so ziemlich genau das ab was man kennt. Die Doppelsprünge und Wandläufe wurden sehr sporadisch eingebaut, hier und da gibt uns das Spiel die Möglichkeit sie zu nutzen, Bedarf verspürt man jedoch zu keiner Zeit. Auch im dritten Ableger mit Doppelsprung bleibt das Element im Story Modus eher Gimmick, als eine wirkliche Bereicherung. 

Quelle: Activision

Neu dagegen ist, dass man etwa ein Fünftel der Kampagne im Flieger verbringt. Die futuristischen Jackals lassen sich dann in relativ überschaubaren Abschnitten frei steuern, zumeist im Weltall. Meist liegen diese aber ähnlich zu denen auf dem Boden ab, indem man andere kleinere Jäger abschießen muss, oder auch richtig große Flugschiffe. Aber insgesamt habe ich sie als willkommene Abwechslung wahrgenommen. Auch die wenigen schwerelosen Abschnitte wissen zu gefallen. Hier kann man sich auch schon mal kopfüber im Gefecht wiederfinden, was durchaus Spaß macht. Die neuen futuristischen Gadgets, wie das mobile Schild, der Sucher oder die automatische Drohne sind nette kleine Spielereien, die sich aus dem Setting ergeben, aber keine spielerische Innovation darstellen. Somit bekommt man im Grunde genommen eine Kampagne geboten, die sehr klassisch, simpel, bodenständig, gut inszeniert und wirklich unterhaltsam ausfällt, große Neuerungen aber auch vermissen lässt. Unter den Future Call of Duty’s gefällt mir diese jedoch am ehesten. Wer nach 6 Stunden dann den Abspann sieht, kann noch einige Nebenmissionen abklappern, die ähnlich wie die Hauptmissionen aufgebaut sind, mit weniger Story Elementen, aber spielerisch und inszenatorisch ist das Niveau durchaus vergleichbar.

Nichts Neues auf den Servern

Der zweite große Teil des Spiels stellt der Multiplayer dar. Hier fallen schnell die Parallelen zu Black Ops 3 auf. Man wählt auch hier zwischen verschieden Typen von Soldaten, ähnlich den Helden in BO3, stellt seine Klasse mit massig Fähigkeiten und Gadgets aus, wählt einen Modus und wartet während der automatischen Spielersuche auf den Spielbeginn. Schade ist weiterhin das Fehlen eines optionalen Server Browsers, durch den man rein europäische Server gezielt aufsuchen könnte, um stabilere Matches erleben zu können. Denn die Latenz insgesamt ist meistens in Ordnung, aber eben auch hin und wieder innerhalb einer Partie eben nicht. Die Maps sind über die Breite gesehen insgesamt etwas besser gelungen als in Black Ops 3, das konnte das Team schon immer gut. Leider aber verpasst man es auch das Setting richtig umzusetzen.

Quelle: Activision

Während ein Titanfall 2 die futuristische Steuerung perfekt auf die Maps zugeschnitten hat, wirken sie in IW nach wie vor eher wie eine Dreingabe, aber auch die Wandläufe an sich spielen sich nicht ganz so rund wie beim EA Konkurrenten. Daher fallen die Maps auch eher klassisch aus, was zu einem Modern Warfare zwar perfekt gepasst hätte, bei Infinite Warfare hätte man sich aber ruhig etwas trauen können, auch was die Modi betrifft. Während Battlefield gewohnt mit Größe und Fahrzeugen imponiert, hat sich selbst ein Halo 5 neu erfunden, mit NPC’s und Bossen im neuen Multiplayer Modus. Somit lässt sich ganz einfach zusammenfassen, wer den Black Ops 3 Multiplayer mochte, wird diesen hier ohne Zweifel auch mögen, weil er in keinerlei Hinsicht schwächer ausfällt. Sollte man zuletzt aber Probleme damit gehabt haben, wird man mit IW keine Neuausrichtung erfahren, die neue Wege einschlägt. Call of Duty bleibt im Multiplayer ein guter, kurzweiliger Shooter, der mit ordentlich Action gespickt ist, aber eben auch Neuerungen angesichts des Settings vermissen lässt. Zumindest ein Server Browser hätte schon gut getan.

Spaß soll's machen

Fernab jeglicher Ernsthaftigkeit gibt es noch den Zombie Modus. Anders als je zuvor ist dies ein reiner Spaß Modus geworden. In Anlehnung an die 80er ballern wir uns durch Zombie Horden im Neon Licht, was total over the Top dargestellt wird und einfach nur Spaß verbreiten soll. Das ist durchaus zu begrüßen, nach den sonst so ernsten Zombie Modi. Auf einer großen Karte mit mehreren Arealen gilt es die Wellen an Gegnern zu überstehen, was insgesamt etwas einfacher funktioniert, wie auch das Voranschreiten zu den nächsten Arealen, als noch in Black Ops 3. Dazu kommen kleine Gimmicks wie Rutschen oder Karussells, der Modus nimmt sich kein bisschen Ernst und das macht ihn auch irgendwie so sympathisch. Leider gibt es nur diese eine Karte, weitere werden wahrscheinlich per Season Pass nachgereicht. Ein, zwei mehr hätte ich allerdings schon gerne gehabt. Mit den richtigen Leuten kann man aber so einige Stunden Spaß mit dem neuen Zombie Modus verbringen.  

Quelle: Activision

Technisch gibt präsentiert sich Infinite Warfare als durchaus schicker Shooter, der mit besonders hübschen Effekten und Lichtstimmungen aufwarten kann. Auch einige Szenarien machen optischen wirklich was her, wirken mitunter sogar recht imposant. Die Videosequenzen sind gewohnt hochwertig, die Texturen hingegen hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck. Manchmal, wenn ich bewusst drauf geachtet habe, sind mir wirklich gelungene und detaillierte Texturen aufgefallen. An ein paar Stellen waren dafür aber auch weniger ansehnliche Exemplare dabei, die mitunter matschig wirkten. 

Der Sound dagegen ist erneut wuchtig, hochwertig, brachial und mit guter Musik unterlegt. Hier hatte ich eigentlich fast nie etwas an der Serie auszusetzen, das ändert sich auch mit dem neuesten Teil nicht. Die solide deutsche Sprachausgabe rundet ein sehr solides und hübsches Werk ab.

Fazit

Call of Duty: Infinite Warfare ist, surprise, surprise, nicht der von promovierten CoD Hassern erhoffte Super-Flop. Man bekommt ein doch eher klassisches Spiel geboten, mit der Kampagne zumindest trauen sich die Entwickler hier und da einiges, was insgesamt für einen Modus sorgt, der wirklich gut zu unterhalten weiß, dabei leider die Story und die Definition des Bösewichts vergisst. Mit dem Multiplayer bekommt man Call of Duty Standard Kost. Schnelle, gute Action in kurzweiligen Gefechten, an denen Fans auch dieses Jahr wieder massig Spaß haben werden, alle anderen werden hier nichts Neues für sich entdecken können, da man es verpasst hat das Setting richtig zu integrieren und auch hier größere, neue Wege zu gehen. Das Setting an sich hat sich nicht ausgelutscht gefühlt, viel mehr falsch eingesetzt. Somit sollten Shooter Fans sich definitiv die Kampagne gönnen und auch der spaßige Zombie Modus dürfte selbst Kritikern gefallen. Am Mehrspieler scheiden sich die Geister, ich hatte wieder meinen Spaß, aber der Modus bleibt weiterhin unter seinen Möglichkeiten. 

Good

  • Tolle Inszenierung
  • Flug -und Schwerelosigkeitsmissionen als gelungene Abwechslung
  • Spaßiger und witziger Zombie Modus
  • Tolle Kampagnen-Schauplätze

Bad

  • Multiplayer wirkt innovationsarm
  • Kampagne mit schwacher Story und einem blassen Bösewicht
8.3

Toll

The Guy who loves Videogames

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