Eine neue Generation
2020 wird das Jahr der neuen Konsolengeneration. Sowohl die neue Xbox, als auch die neue Playstation wurden bereits angekündigt. Besonders auf den Game Awards überraschte Microsoft mit dem finalen Design und dem Namen der Xbox Series X, als auch der Ankündigung von Senua’s Saga: Hellblade 2. Doch bereits zwei Wochen später scheint das Internet gar nicht mehr davon zu sprechen und zeigt sich gespalten. Der Grund: Bis 2021 sollen Xbox Exklusivtitel sowohl auf der neuen Konsole, als auch noch auf der One spielbar sein.
Matt Booty vom Xbox Team bestätigte jüngst, dass man den Übergang zur nächsten Generation so weich wie möglich gestalten möchte. Neue Titel sollen demnach auch noch auf der One spielbar sein, die Rede ist von sogenannten Cross-Gen Titeln, Spiele die für die aktuelle und auch die kommende Generation erscheinen werden. Ein Halo Infinite könnte somit zwar zum Release der Series X erscheinen, wäre aber in dem Sinne kein Exklusivtitel für diese Konsole.
In den Foren sind die Meinungen gespalten, zwar zeigen sich viele offen für diese Entscheidung, da sie nicht zum Tag 1 bereits die neue Konsole kaufen müssen, sondern sich das Geld noch in den Folgemonaten zusammensparen können. Andere widerrum zeigen sich verärgert, als auch hämisch darüber, dass die Series X somit quasi keine Exklusivtitel zu Beginn haben wird. Doch warum gab es diese Diskussion nicht schon vorher?
Warum erst jetzt?
Was viele gar nicht wissen, oder auch schon wieder vergessen haben, Mark Cerny, der für die Entwicklung der Playstation 5 zuständig ist, deutete bereits im letzten April ähnliche Pläne an. In einem exklusiven Interview mit Wired ließ er durchdringen, dass es Cross-Gen Titel geben könnte, sprich Titel, die nicht nur für die PS5 erscheinen würden, sondern auch noch für die PS4. Doch warum weiß das kaum jemand und warum führte man damals nicht schon diese Debatte? Der clevere Move von Cerny war, dies alles in einem Nebensatz verlauten zu lassen und das auch ohne in irgendeiner Form konkret zu werden. Da das Interview auch andere Themen vordergründig abgriff und Cerny im Grunde genommen kein eindeutiges Statement zu Cross-Gen Titeln abgab, konnte die Medienlandschaft auch keine Artikeln mit einer knackigen Überschrift dazu verfassen, ohnehin waren andere Aussagen, die konkreter waren und sich auf die Hardware bezogen, viel interessanter und wurden eher veröffentlicht.
Wer nichts verrät bleibt auch nicht angreifbar. Sony fährt die Strategie des Schweigens. Und warum? Weil sie es können! Die PS4 war und ist ein Mega-Seller, ein gigantischer Verkaufserfolg. Die Menschen lieben die PS4 und assoziieren damit etwas Gutes. Microsoft hingegen muss klare Stellung beziehen, sie müssen etwas ändern, um die neue Generation an den Erfolg der Xbox 360 anknüpfen zu können. Microsoft muss liefern, dafür müssen sie Stellung beziehen. Die kann auch mal kontrovers sein, Sony hingegen kann sich das Spektakel aus der Entfernung anschauen und genau darauf reagieren, was die Leute an den Aussagen Microsofts gut fanden und was eben nicht. Nun positionierte sich Microsoft eben so wie sie es getan haben, und darum wird dieses mal drüber geredet, Microsoft hat sich ganz konkret zu diesem Thema geäußert.
Cross-Gen – Gut oder schlecht?
Aber was bedeutet das jetzt alles überhaupt? Ist die Entscheidung gut, ist sie schlecht? Um das zu beantworten, blicken wir doch mal zum lachenden Dritten in der Runde. Nintendo hat nämlich in der Vergangenheit öfters solche Releases getätigt, Zelda Fans werden sich erinnern. Zum einen war da The Legend of Zelda: Twilight Princess. Das Spiel erschien zum Start der Wii, kam aber dennoch auch für den Game Cube heraus. Der große Erfolg war es aber tatsächlich auf der Wii, weil das Spiel zum einen noch einen Tick schärfer aussah und vor allem die Features der neuen Konsole nutzte. Durch die Bewegungssteuerung bot Twilight Princess auf der Wii einfach das spannendere Gesamtpaket. Auch Breath of the Wild erschien für die neu angekündigte Switch, als auch für die mäßig erfolgreiche Wii U. Trotz der Tatsache, dass es zu Beginn mehr Wii U Nuter, als Switch Nutzer gab, war das Spiel für die Switch jedoch viel erfolgreicher. Auch hier profitierte man von den neuen Features der neuen Generation. Beide Spiele waren daher in der öffentlichen Wahrnehmung für die alten Konsolen gar nicht relevant, jeder betrachtete diese Spiele als Exklusivtitel der neuen Konsolengeneration.
Und wenn Microsoft genau diesen Weg geht, dann haben sich die Leute umsonst aufgeregt. Ein Halo Infinite könnte auf der Series X in bester Grafik, 4K, 60 Frames per Second und nahezu ohne Ladezeiten erscheinen. Parallel dazu könnte es aber in 720p bei schwächerer Grafik und längeren Ladezeiten auch auf die One kommen. Natürlich werden die Leute dann von der besseren Version sprechen und diese haben wollen. Ein Exklusivtitel für den Xbox Kosmos wäre es ja trotzdem nach wie vor. Mit diesem schmalen Grad könnte Microsoft der Spagat gelingen und das geplante Ziel eines weichen Übergangs erreichen. Die Gefahr sehe ich darin, dass die Menschen auch von der neuen Generation Dinge sehen wollen, die vorher in dieser Form einfach nicht möglich waren, Spiele die man anmacht und sofort weiß: Das ist die nächste Generation von Videospielen! Die Gefahr liegt darin genau das nicht bieten zu können, wenn man die Xbox One noch mit im Schlepptau hat, die ja bekanntlich schon jetzige Spiele nicht immer in Full HD darstellen kann.
Somit ist das Vorhaben von Microsoft Stand heute nicht näher bewertbar. Wir müssen abwarten, wie die genaue Umsetzung ausfallen wird, bis dahin kann viel diskutiert werden, aber der Plan von Cross-Gen Titeln birgt das Potenzial sich als echte Bereicherung herauszustellen, oder aber als festklemmende Handbremse. Was davon eintritt, werden wir erst Ende des Jahres wissen, ich schätze das Microsoft unter Phil Spencer aber so ein, dass sie wissen was sie tun und das die Strategie unterm Strich tatsächlich einen großen Mehrwert für die Spielerschaft bieten kann. Dem Microsoft unter Don Mattrick von 2013 hätte ich damit aber nicht über den Weg getraut.
Bildquelle: Microsoft/ Sony