Mensch, Crowdfounding hat uns schon so viel erbracht und ermöglicht, da vergisst man schon mal gerne, was davon eigentlich ein positives, und was ein negatives Ende gefunden hat. Ich befasse mich heute mit der Geschichte von Ouya, das ebenfalls per kickstarter erst möglich gemacht wurde und einen relativ großen Grad an Aufmerksamkeit erreichen konnte. Aber fangen wir von vorne an…
Im Juli 2012 wurde Ouya vorgestellt. Julie Uhrman hatte nämlich eine Vision, Gaming günstig und ohne Komplikationen auf den TV bringen. Klingt nicht besonders reizvoll? Damals schon! Denn Mobile Gaming war stark wie nie, wurde als Tod für stationäre Konsole gesehen, Entwickler brachten in Massen Mobile Games. Denn ihr finanzielles Risiko ist deutlich geringer, aber viele konnten damit Millionen Gewinne abstauben, mit Konzepten, die eigentlich schon uralt sind, siehe Diamond Dash oder Candy Crush. Die Wii war am Ende, ihr Nachfolger stand in den Startlöchern, auch Xbox 360 und PS3 Nachfolger wurden mittlerweile mehr als ersehnt. Und genau da kommt dieses Ouya. Man startet schon einen Monat nach der ersten Ankündigung die Kickstarter Kampagne. Das Ziel von einer knappen Million konnte man bereits über 8 Stunden erreichen. Es sollten am Ende knapp 8,6 Millionen Dollar werden. Der bis dato größte Kickstarter Erfolg. Auch Entwickler sprangen mit auf den Zug, so erklärte Bandai Namco schnell, man wolle die Konsole unterstützen, Square Enix bestätigte Final Fantasy 3 gar als Starttitel. Aber was machte Ouya so besonders?
Die Konsole ist ein winziger Würfel, portabel und durchaus stylisch. Basierend auf Android, sollte es eine nie dagewesene Anzahl an Games geben, da Entwickler einfach direkt ihre Games für einen Controller optimieren könnten, und schon hätte man theoretisch gesehen die komplette Android Datenbank, die man auch auf Smartphones genießt, für eine Konsole. Dazu sollte ein bequemer Controller her, der von der Tastenanordnung Inspiration von Microsoft eingeatmet hat, in seiner Form aber doch noch ein wenig abstrakter wirkte, da die Griffflächen sehr weit nach unten ragten und breit waren, also deutlich auswüchsiger als es etwa beim Dualshock 4 letztlich so kam. Zudem sollte jedes Spiel, welches sich in dem hauseigenen Store befand, kostenlos anspielbar sein, wenn es nicht eh schon ein Free-to-Play Titel war. Man sollte also volle Transparenz erhalten. Besser noch, Ouya wurde inklusive Controller für 99 Dollar mit 8GB Flash Speicher angekündigt. Also selbst für Schüler und Studenten finanziell im Rahmen. Doch damit begann schon der Abstieg…
Der Preis löste Euphorie, schnell aber auch Skepsis aus. Kann ein Gerät zu einem solchen Preis überhaupt etwas taugen? Was für eine Hardware sollte denn verbaut sein? Würden alle Spiele überhaupt laufen? Hätte man mit der Technik überhaupt längerfristig eine Zukunft? Auch ich selbst stellte schnell für mich fest, dass Ouya nicht meinen Interessen und Bedürfnissen als Gamer entspricht und zweifelte stark an der Konsole, an ihrer Tauglichkeit für den Markt und an ihrer Zukunft. Die Debatte keimte und expandierte plötzlich und kurz vor dem Release im Juni 2013 hatte die Skepsis den Hype schon längst übertönt. Denn die Daten der Konsole kamen ans Tageslicht und offenbarten, was Technik Gurus sich bereits zusammenreimen konnten. Bereits absolut veraltete Technik fand sich in dem Gerät zusammen, erste Specs Analysen ließen das Gerät nicht gut aussehen und machten den Hype nieder. Dem in die Karten spielte natürlich die Ankündigung der Xbox One und Playstation 4, die ohnehin ihre Nutzerbasis hatten, gerade aber die PS4 war schnell Thema Nummer 1. Gerade weil die neue Konsolengeneration bereits Titel wie Forza, Killzone, Halo, inFamous und Marken wie Call of Duty, Fifa und Battlefield ankündigten. Der Hype schenkte um. Und dann kam der Tag an dem die Ersten ihre Ouya erhielten. Schnell gingen erste Vergleiche mit Smartphones ein, wo das Samsung Galaxy S2 Plus mit seiner nicht mehr ganz modernen Technik sogar die Ouya überholen konnte. Zur Erinnerung, 2013 kam bereits das Galaxy S4 auf den Markt. Aber das ist nur ein Beispiel, gegen duzende Smartphones zog Ouya bereits im Launch Fenster den Kürzeren. Spätestens als Xbox und PS4 in den Läden standen, war Ouya eigentlich schon tot.
Als die Specs der Konsole veröffentlicht wurden und die Kritiker damit auch empor kamen, war die anfängliche Begeisterung der Entwickler ebenfalls dahin. Zwar fanden bisher über 1200 Titel den Weg auf die Ouya, die Gründer wollten aber Tausende, gar Millionen Anwendungen ermöglichen. Dazu kam, dass die Qualität der Spiele stark zu wünschen übrig ließ. Es gab nur sehr wenige Spiele, die tatsächlich auch unter den Fans genossen wurden. Schnell aber fanden sich Compilations auf YouTube, wie viele extrem schlechte Spiele und wie wenige gute Exemplare dabei seien. 2014 ging die Talfahrt weiter, die Verkäufe lagen weit unter den Erwartungen, spätestens bis 2015 war auch bereits ein Großteil der Xbox 360 und PS3 Spieler auf Xbox One und PS4 abgewandert, dank Spielen wie Witcher 3, Dark Souls 2, Destiny, Titanfall, Forza Horizon oder Bloodborne waren Konsolenspieler allmählich auch mit ihrer Auswahl auf den Sony und Microsoft Konsolen zufriedener.
Ouya war schon kein Thema mehr. Man machte erst Schlagzeilen, als man wegen finanzieller Schwierigkeiten eine Finanzspritze von Alibaba.com erhalten habe, die hielt einen Monat, genau da stellte sich das dreijährige Unternehmen zu Verkaufsgesprächen zur Verfügung. Die aufgenommenen Kredite seien alleine nicht mehr zu bewältigen gewesen. Im Sommer dann fand sich mit Razer ein Käufer. Die kauften die Ouya Software Sparte, um diese für ihr eigenes Android TV Gerät nutzen zu können, dem ForgeTV. Der Rest von Ouya ging damit zugrunde. Razer hatte kein Interesse an der Hardware Ouya, sondern suchte lediglich Unterstützung für das eigene Projekt, und somit starb der letzte Rest der Kickstarter Konsole, dessen Seite daraufhin ein letztes Mal aktualisiert wurde. Selbst ein Blick ins Ouya Forum verriet mir vorm Schreiben dieser Kolumne, dass das Projekt nur noch wenige eingefleischte Fans hatte, von denen sogar viele bereits auf ForgeTV wechselten oder es zumindest vor hatten. Laut einem aktuelleren Eintrag sagte Razer einem User, dass die Android Konsole nicht mehr erhältlich sei, nachdem er bereits im Vorfeld auch keine andere Möglichkeit gefunden hatte an ForgeTV heran zu kommen. Obwohl dieses mit dem Snapdragon 805, doppelten RAM und deutlich neuerer Android Version daher kam als Ouya, scheint sich die Konsole ebenfalls schwer zu tun. Laut vieler Stimmen die ich dort aus dem Forum aufgefischt habe, neigen einige eher noch zu einem Kauf von Nvidia Shield, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Was ist von Ouya geblieben? Als Konsole ist sie komplett gescheitert, was der Firma Millionen Verluste bescherte. Der Kauf von Razer machte aus Ouya ein Software Unternehmen, dass ForgeTV supporten sollte, auch das scheint sich eher dem Ende entgegen zu neigen. Seit geraumer Zeit ist Ouya aber auch als Publisher für andere Android Konsolen tätig, als Ouya Publishing, und bringt Spiele für ForgeTV, Amazon Fire TV, als auch Shield. So treten sie zumindest auf ihrem Youtube Channel seit Ende letzten Jahres auf und auch die Seite von Ouya Publishing „ouya.tv/publishing/“ begrüßt uns mit einem „coming soon“, welches unter dem bekannten Ouya Logo platziert ist, das Favicon in der Taskbar zeigt dagegen noch das Rauer Symbol. Somit scheint Ouya es unter der Führung von Razer nun komplett als Software Publisher von Indie Games zu versuchen. Der Weg ist deutlich unspektakulärer als es mit der gesamten Konsolen Industrie aufzunehmen, aber es scheint ein vernünftigerer Weg zu sein, den das Unternehmen ohne die etwas sehr eingleisig denkende Gründerin Julie Uhrman nun beschreitet. Ich bin gespannt, wie es nun mit Ouya weitergehen wird und werde ein Auge auf das neue Unternehmen werfen.
mMe
Bei der Rechtschreibung und Grammatik bekomme ich zwar Augenschmerzen, aber inhaltlich guter Artikel.
Danke für die Zusammenfassung.
GP-ChrisK
Hallo „mMe“.
Danke für deine (harsche) Kritik.
Wir geloben Verbesserung 😉
Der Retroluzzer
Ich habe deinen Artikel mit grossem Interesse gelesen. Vieles davon stimmt, allerdings muss ich doch an einigen Stellen widersprechen.
Ich „geriet“ an die OUYA, als ich sie 2013 zu Weihnachten von meiner Frau geschenkt bekam, sie hat das Ding auf meiner Amazon-Wunschliste gesehen und kurzerhand bestellt. Ich selbst hatte das Gerät zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so richtig auf dem Schirm, aber ich hatte mich dennoch sehr gefreut. Ein ungewöhnliches, neues Spielzeug wollte erkundet werden. Und, soviel sei schon an dieser Stelle gesagt, ich habe sie immer noch in Betrieb.
Der gravierendste Fehler, der bei der Einordnung der OUYA gemacht wurde, war die Verbreitung des Images eines PS4/XBox One Konkurrenten. Du springst hier auf diesen Zug ebenfalls auf. Das war sie nie und wollte sie auch nie sein. Die Zielgruppe waren einerseits Casual Gamer, die nicht so viel Geld in Hard- und Software investieren wollten und andererseits eben Indie-Entwickler, die Spiele für diese Klientel liefern sollten.
OUYA als Unternehmen hat wiederum den Fehler begangen, diese Eigenschaften nicht genug hervorzuheben und so bahnte sich die Berichterstattung ihren Weg, die an OUYA als System kein gutes Haar liess. Viel zu viele Schlagzeilen, die in die Kerbe schlugen, das Gerät sei nicht konkurrenzfähig und habe keine AAA-Titel zu bieten, wurden unwidersprochen hingenommen. AAA-Titel waren nie wirklich das Ziel und es war von Anfang an klar, dass ein Tegra 3 nicht mit der PlayStation mithalten kann.
Tatsächlich gibt es aus der Sicht des Indie-Fans sehr viele gute Titel auf der OUYA. Zwar selten exklusiv (was ja auch im Android-Universum kaum möglich wäre) aber dennoch sehr hochwertig. Spiele wie Sine Mora, Super Puzzle Platformer Deluxe, Pinball Arcade, Gene Effect, alles von Orangepixel und nicht zuletzt die vielen Local-Multiplayerspiele wie Towerfall oder Duck Game lösten das eigentliche Versprechen, für das OUYA stehen wollte, mehr als ein.
Was die Schwäche der Hardware angeht, ist die Situation auch nicht so schlecht, wie sie dargestellt wurde. Ich experimentiere seit geraumer Zeit mit Installationen aktuellerer Spiele aus dem Google Play Store, wie z.B. Riptide GP Renegade. Dieses Spiel wurde beim Launch als Titel vermarktet, welcher die Fähigkeiten der Nvidia Shield (die ich ebenfalls besitze) sehr gut ausnutzen sollte. Tatsächlich läuft es auf der OUYA absolut genauso gut wie auf der Shield.
Die OUYA ist gescheitert, gar keine Frage. Grosse Ziele, schlecht formuliert und umgesetzt und die Hoffnung, das System würde sich auch so verkaufen. Die PR-Arbeit erinnert an die dunkelsten Tage von Atari.
Ich bin ziemlich sicher, hätte man die OUYA als das vermarktet, was sie wirklich sein sollte und wäre dabei konsequenter gewesen, das System wäre ein Erfolg geworden. Kein Konkurrent zu den grossen Plattformen, aber es hätte sich seine Nische erkämpft, da bin ich sicher. Nur wahrscheinlich war angesichts der vielen Fehlentscheidungen am Anfang schnell kein Geld mehr für offensives Marketing da.
Der Umzug von OUYA auf die Forge von Razer ist leider nur eine halbherzige Massnahme gewesen. Nur ca 25% der Titel sind überhaupt auf der Forge erhältlich und viele der besten Titel fehlen vollständig. Dies hat viele Gründe – der gravierendste Grund ist wohl, dass die Entwickler, die noch übrig sind, kein Vertrauen in Razer als Nachfolger von OUYA haben. Andere sind mittlerweile einfach „Out Of Business“ oder haben schlicht kein Interesse.
Razer betreibt die OUYA-Server weiter, da ihre eigene Plattform, Cortex, direkt darauf aufsetzt, somit sind die Spiele nach wie vor erhältlich und die Geräte voll funktionsfähig. So lange dies so ist, spiele ich auch noch regelmässig den einen oder anderen Titel gerne darauf.
Da aber nicht zu erwarten ist, dass die Angebotssituation auf der Forge sich deutlich verbessert, bin ich dazu übergegangen, mir die Spiele nochmals im Play Store zu besorgen, wenn sie auf der Shield funktionieren.
Anfangs war ich der Meinung, das gleiche Spiel ein zweites Mal zu bezahlen, sei ungerecht. Mittlerweile denke ich aber, dass es angesichts der niedrigen Preise durchaus OK ist, die Entwickler mit einem zweiten Kauf zu belohnen, denn das haben sie sich auch verdient, wenn ich die Games gerne und noch oft spiele.
Die OUYA mag kommerziell ein Fail sein, aber mir hat sie viele Spiele nähergebracht, die ich nicht mehr missen will, und damit bin ich nicht alleine.