Keine Menschen, keine Waffen, keine Gegner – dafür haben wir wundervolles Wetter und Landschaften, Sanfter Wind und ein ruhiges englisches Dorf. In Everybody’s Gone to the Rapture erleben wir den Beginn einer Apocalypse auf eine etwas andere Art. Doch mehr zum Indie-Nachfolger von Dear Esther erfahrt ihr in unserem Test.
Wir befinden uns in Shropshire County, eine kleine Gemeinde in England im Jahre 1984. Helle Sonnenstrahlen brechen durch die Wipfel und bunte Blätter fallen sanft zu Boden. Ein wundervoller Tag, wäre da nicht die Apocalypse, die alle Menschen (ausgenommen uns) gekillt hätte. Wir begeben uns also langsam zu einem kleinen Haus, welche sich gleich um die Ecke befindet. Bereits draußen konnten wir das Radio vernehmen, schnell hin und es lauter stellen, denn nun folgen die ersten Informationen und wir erfahren vage von einem großen Ereignis.
Quelle: SonyEin weiteres Radiosignal warten auf uns, jedoch müssen wir dazu an das andere Ende des Tals, denn dort wird das Signal gestört. Also schauen wir uns erst einmal im Zimmer um: Eine große Langkarte mit ausgeblichenen Farben, ein großer klobiger Monitor und ein C64-ähnliches Gerät. Weiter vernehmen wir aus den Lautsprechern des Fernsehers eine Stimme in Endlosschleife: „One-Four, Zero-Four, Zero-Eight“. Ihr wollt wissen was das bedeuten soll? Tja, das wissen wir leider selbst nicht, jedoch liegt genau hier der Reiz an Everybody’s Gone to the Rapture – das Spiel weckt unsere Neugier!
Everybody’s Gone to the Rapture bietet keinerlei Gameplay-Elemente wie das Sammeln von diversen Items oder das Rätsel lösen. Stattdessen baut das Entwicklerstudio The Chinese Room auf die Geschichte des Spiels. Dies funktioniert auch ganz gut, denn wir wollen wissen, was mit den Einwohnern von Shropshire County passiert ist. Das Spiel selbst gibt uns immer nur sehr kleine Hinweise auf den Verbleib der Einwohner. Dazu begeben wir uns zu den leuchtenden Punkten, welche in der Stadt verteilt sind. Das nette an dem Titel: Es gibt keinen vorgeschrieben Pfad. Schaut also zunächst an den Orten vorbei, die ihr am interessantesten findet.
Trifft man nun auf eines dieser Lichtkugel, muss man das Gamepad ganz leicht nach links/rechts drehen und halten. Anschließend erkennt man die Silhouette einer Person, welche aus Lichtern gezeichnet ist. Dann spielt sich eine aus dem Zusammenhang gerissene, Szene ab. Hierbei ist sowohl die deutsche als auch englische Tonqualität hervorragend, und zwar so gut, dass sich die Geschichte trotz der „fehlenden“ Bevölkerung lebend anfühlt. Mitverantwortlich dafür ist selbstverständlich auch das plätschern des Wassers, die zwitschernden Vögel, das knirschen der Kieselsteine und vielen weiteren plastischen Soundeffekten, die zur Situation passen.
Was ist hier los?
Quelle: SonyGleich zu Beginn des Spiels weiß der Spieler eigentlich gar nicht was passiert ist und wo man sich befindet. Erst durch Hinweise wie: Briefe, Radio oder Tonaufnahmen und Szenen erfahren wir Stückweise mehr von der Handlung. Langsam betreten wir die feineren Vorstadthäuser und erfahren von toten Tieren, die wie eine Fährte im Park aufgetaucht sind. Außerdem erfahren wir von Müttern, dass sie sich sorgen um ihre Kinder machen. Die Vögel könnten vielleicht Krankheiten übertragen. Wo anders kriegen wir mit, dass jemand seinen Hund verloren hat und nach ihm sucht. Aber auch Szenen der Verzweiflung, weil das Auto nicht anspringen will, kriegen wir auf unserem Weg mit. Nach und finden wir Tonaufnahmen von den Einwohnern, Mal von sorgenden Eltern, die eine Aufnahme für ihren Sohn hinterlassen, der verschwunden ist. Ein anderes Mal erfahren wir, dass wir in Richtung der Türme laufen sollen. Oder, das etwas in der Leitung ist. Aber auch Hinterlassenschaften in Form eines Briefes sind in Everybody’s Gone to the Rapture zu genüge da. Nach und nach wird alles verständlicher, die Bewohner scheinen ihre sieben Sachen gepackt und die Stadt verlassen haben. Irgendwas ganz schlimmes ist in der Stadt wohl passiert, alle sind weg, nur wir nicht. Warum?
Überall in der Stadt finden wir blutige Taschentücher. Also machen wir uns erst einmal auf den Weg zum Arzt und hoffen so, auf weitere Details zu stoßen. Doch spätestens als wir durch eine Aufnahme erfahren, das auch der einzige Arzt der Stadt krank ist, stirbt auch diese Hoffnung. Ab hier beginnt Kapitel 2.
Ein Augenschmaus
Dank der CryEngine verwandelt sich Everybody’s Gone to the Rapture wahrlich in ein Augenschmaus. Alles sieht total realistisch aus, ihr wollt saftige grüne Wiesen und Bäume sehen? Dann auf Richtung Wald, ansonsten könnt ihr aber auch die wundervoll gestalteten Alleen bestaunen oder die Lichtbrechung. Besonders toll wurde der Schattenwurf getroffen, geht einmal die Straße entlang und schaut euch den Schatten eines jeden zu Boden fallenden Blattes an – herrlich. Schade sind gelegentliche Ruckler in der Nähe einer Lichtquelle.
Quelle: SonyLauf Forrest, lauf!
Kommen wir nun zum Hauptteil des Spiels, dem Gameplay, denn hier gibt es ein großes Problem. Wer auf ein schnelles Spiel baut, den müssen wir an dieser Stelle enttäuschen, unser Charakter kann nämlich nur bedingt sprinten. Dazu hält man einfach die R2 Taste an der PlayStation 4 für mindestens sieben Sekunden gedrückt. Und selbst dann sind wir nicht wirklich schnell, anfangs war ich mir sogar unsicher, ob wir überhaupt schneller geworden sind. Klar will ich das Spiel nicht nur auf die Schnelligkeit des Charakters reduzieren, jedoch gestaltet sich der Titel dadurch zu einer Nervenprobe. Die Strecke, welche man im Spiel zurücklegt ist einfach viel zu groß, und wenn man sich verlaufen hat und wieder zurücklaufen muss..tja, dann ist man sehr gefrustet. Mehr Gameplay-Elemente bietet das Spiel leider nicht.
Interagieren können wir mit der X Taste. Dadurch lassen sich Türen öffnen, Briefe lesen oder Tonbandaufnahmen anhören. Etwas nervig ist die geringe Anzahl an Türen und Toren, die wir öffnen können. Aber auch Büsche und Zäune können wir nicht passieren. Dadurch müssen wir lange noch längere Umwege nehmen..eine Sprint oder Spring-Taste hätte dem Spiel auf jeden Fall gut getan.
Fazit
Everybody’s Gone to the Rapture nimmt den Spieler in eine realistische und authentische Welt mit einer etwas anderen Apocalypse mit. Dabei bleibt die Handlung des Spiels bis zum Schluss spannend und motiviert zum weitermachen. Ausschlaggebend für das Erlebnis sind die plastischen Soundeffekte, das mag wohl daran liegen, weil man die NPC-Szenen nicht sehen kann. Wer gerne Rätsel löst, Items sammelt, sprintet und hüpft ist bei Everybody’s Gone to the Rapture vollkommen falsch. Alle anderen, die auf Story setzen und in Lost-Manier nach einem Ausweg suchen kommen hier voll auf ihre Kosten. Jeder Brief und jeder Tonband bringt den Spieler näher an die Auflösung der Geschichte. Mit einer Spielzeit von ungefähr 4 bis 6 Stunden, spielt sich der Titel aber recht schnell.