Kolumne: Need for Speed in der Identitätskrise – Wer bin ich eigentlich?!

Seit über 20 Jahren ist die Need for Speed Serie nun ein Teil der Videospielgeschichte. Mit der Ankündigung von Payback, stellte man den neuen kommenden Teil der Reihe vor und lässt mich doch etwas stutzig zurück. So habe ich mir meine Gedanken gemacht und muss dabei feststellen: Need for Speed scheint seine Identität verloren zu haben. 

NFS

Quelle: Electronic Arts

 Need for Speed. Das stand zu Beginn für klassische Rennstrecken mit der Besonderheit, dass es Polizeiverfolgungen gab. Das war untypisch, dank der guten Technik und dem tollen Handling aber auch einer der Gründe, warum das Spiel so beliebt war. Dieses Prinzip wurde über die Jahre ausgeführt. So führte Hot Pursuit Extras wie Nagelbänder oder Absperrungen ein, die die Polizei nutzte, um einem vom Fahren abzuhalten. Dazu kamen neue Modi wie Straßen-Turnier und K.O. – Rennen, was für noch mehr Spaß sorgte und ebenfalls sehr gute Wertungen. Brennender Asphalt im Jahr 1999 führte dann Helikopter ein, sowie einen Karrieremodus, welcher in Hot Pursuit 2 im Jahr 2002 sogar aus zwei Teilen bestand. Es gab normale Rennen und welche mit Polizeiverfolgung, zudem mehr Modi und grafisch setzte das Spiel ebenfalls die Messlatte hoch, die Wertungen waren dementsprechend hoch. 

NFS

Quelle: Electronic Arts

Bis dahin war Need for Speed eine lineare Steigerung des bekannten Spielprinzips. Die Underground Reihe war auch ein Bruch dieser Tradition, die die bis dato besten Verkaufszahlen der Serie einbrachte. Tuning war das Stichwort. Aus einem herkömmlichen Peugeot 106 konnte ein echter kleiner Sportwagen werden, mit Neonröhren und getönten Scheiben. Ein absolutes Novum. Dazu kam eine relativ offen gestaltete Welt mit einem Karrieremodus und Image, dass sehr an The Fast & the Furious angelehnt war. Ja, damals ging es tatsächlich im Film noch um Autos und Underground Rennen. Dazu ein Mega Soundtrack bei coolen Nachtrennen, fertig war quasi der spielerische Ableger zum Film. Und das kam so gut an, dass man gleich einen Nachfolger brachte. Die Polizei spielte hier keine Rolle mehr. Es waren die neuen Arten von Rennmodi, das ganze Flair, die Spielwelt und das Tuning, was die Reihe so erfolgreich machte. Most Wanted im Jahr 2005 versuchte dann die beiden Prinzipien zu vermischen, also die hitzigen Polizeiverfolgungen und die freie Welt mit Tuning Optionen. Das gelang sogar recht gut! Einzig die weniger gewordenen Tuning Optionen und Renn Modi fielen negativ auf. Carbon sollte die Verschmelzung nochmal intensivieren, war dann aber irgendwie dann doch nur ein Most Wanted bei Nacht, mit Abstrichen beim Handling und Geschwindigkeitsgefühl. Neue Akzente konnte man aber nicht wirklich setzen. Die Wertungen und Verkaufszahlen waren dementsprechend geringer. 

Da auch scheinbar keine neuen Impulse kamen, entschied man sich für einen erneuten Bruch. Pro Street war geboren und war ein eher klassisches Rennspiel. In nur vier Modi raste man über abgesperrte Rennstrecken, die freie Welt wurde gestrichen. Auch die Polizeijagd war nicht dabei. Weil das nicht gut ankam, versuchte man erneut Most Wanted zu kopieren. Undercover basierte auf dem gleichen Spielprinzip, konnte qualitativ nicht mithalten, auch grafisch tat sich zu wenig. Dazu kamen Probleme wie Pop Ups. Die Serie war bereits in der Identitätskrise. Man versuchte immer vergeblich irgendwie an die erfolgreiche Zeit anzuknüpfen, ohne neue Akzente zu setzen. Man kopierte sich selbst. Danach ging es wieder zu herkömmlichen Rennstrecken. Man entschied sich aber für ein simulationslastigeres Spiel. Shift war geboren, von den Slightly Mad Studios, die sich heute für Project Cars verantwortlich nennen. Wenn es auch ein abgespecktes Gran Turismo war, die tolle Fahrphysik sorgte für gute Kritiken. Nach einigen Fehltritten erschien dann der Reboot des Hot Pursuit Teils. Polizeijagden standen wieder eindeutig im Vordergrund, zudem konnte man zwischen Raser und Polizist selbst wählen. Das Oldschool Gameplay, gepaart mit Neuerungen und guter Technik, sowie tollen Handling war also doch wieder ein sehr klassisches Need for Speed und kam zudem auch wieder sehr gut an.

Quelle: EA

Im darauffolgenden Jahr brachte man Shift 2, halt einfach weil der Vorgänger gut lief und natürlich noch einen Arcade Ableger, weil Hot Pursuit als Reboot so gut lief. Der Teil nannte sich Run und machte seinem Namen alle Ehre. Nach zwei Stunden war die Karriere durchgespielt, derweil erlebte man eine schwache KI, kaum Geschwindigkeitsgefühl und das schwächere Handling. Daher gehört The Run zu den schlechtesten Teilen der Serie. Der zweite Reboot, der zu Most Wanted, hatte mit dem eigentlichen Spiel wenig gemeinsam, sowie Rivals, dem dritten Hot Pursuit Klon. Beide konnten keinen wirklichen Durchbruch liefern. Ein neuer Reboot sollte her. Alle erwarteten ein Underground 3. Und irgendwie war es das dann auch ein bisschen, aber stattdessen hieß es dann einfach Need for Speed, handelte von hippen Teenies, brachte Online Zwang mit, in einer leereren Welt als im mehr als zehn Jahre alten Underground, und musste mit weniger Tuning auskommen. Immerhin war das Handling gut und die Grafik auf hohen Niveau. Die Verkaufszahlen waren zumindest für PS4 gut, die restliche Spielerschaft war weniger begeistert. 

Und nun stehen wir vor Payback. Nach dem Trailer kann man sich wie bei Underground kaum die Parallele zu Fast & Furious von der Lippe halten. Nur damals stand die Serie eben für Underground rennen und Tuning. Heute ist die Filmreihe zu einem Action-Spektakel mit Explosionen mutiert. Genau das scheint man hier mit NFS auch zu versuchen. Kopieren hat ja schon mal funktioniert. Nur ich befürchte, dass man auch hier wieder ganz hippe Charaktere hat, dazu noch die ganzen Crashs und Explosionen. Ich weiß nicht, ob ich sowas ernst nehmen kann. Da hätte ich mir eher ein Burnout in der Richtung gewünscht. 

Quelle: EA

Die Need for Speed Reihe weiß seit Jahren irgendwie nicht mehr richtig wo sie hin will. Mal kopiert man alte Konzepte, mal von anderen, nur um daraus wieder einen Kreislauf zu formen. Vorbei sind leider die Zeiten, in denen man sich auf die Kernwerte gestützt hat, und pro Teil immer wieder mit abwechslungsreichen Neuerungen aufwarten konnte. Need for Speed steht irgendwie aber für nichts mehr. Denke ich an Forza Horizon, an Gran Turismo oder Project CARS, habe ich direkt im Auge, wofür die Reihe steht und was an ihr besonders ist. Bei Need for Speed weiß man das selbst nicht so genau. Sind es Verfolgungsjagden? Ist es das Tuning? Offene Welt? Normale Rennstrecken? Mal ist es so mal so und immer wieder werden Sachen nur halb integriert und niemals wieder so, wie ihre erfolgreichen Urväter wie NFS 3: Hot Pursuit, Underground oder Most Wanted ihre Features sie zu dem gemacht haben, weshalb wir Fans uns so gerne daran erinnern. Need for Speed braucht keinen x-ten Möchtegern Reboot. Sondern eine Identität. 

 

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