Preview: Pro Evolution Soccer 2017 & FIFA 17 in der Gamescom Vorschau

Seit Jahren tobt bereits der Krieg auf dem virtuellen Fußballfeld. Die Kontrahenten sind Pro Evolution Soccer und die FIFA Serie. Erstmals auf der Gamescom anspielbar, liefern sich die Gegner auch auf dem Messegelände eine Schlacht um die Gunst der Fans. Ich habe die beiden Titel anspielen können und verrate euch, wie mein erster Eindruck ausfällt.

 

Quelle: Konami

Mit mehr Lizenzen zum Sieg?

Konami greift in die Tasche und bläst zur Lizenz Offensive. Nein, die Bundesliga ist erneut nicht enthalten, aber man konnte mit renommierten Clubs exklusive Verträge abschließen. Darunter Jürgen Klopps neuer Verein aus Liverpool, dazu auch die beiden zueinander freundlich gesinnten Top-Clubs aus dem Ruhrpott, FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Das sind gerade für den deutschen Markt große Coups, ist dieser auch hinsichtlich der Verkaufszahlen enorm wichtig. Diese Angriffslust von Konami zeigt sich auch auf dem Messestand. Die Dortmunder Stars Aubameyang und Shinji Kagawa wurden auf der großen Bühne beim PES 2017 spielen präsentiert.

Das hat natürlich für Aufsehen und Menschenmassen vor Konami’s Toren gesorgt. Die restliche Zeit war zwar Andrang, aber Wartezeiten gab es kaum. An den wie schon in den Vorjahren schön gestalteten Anspielstationen konnte ich nun erstmals Hand anlegen. Einen großen grafischen Unterschied konnte ich jetzt nicht ausmachen. Die Fox Engine leistet abermals gute Arbeit und liefert ein gutes grafisches Gewand. Es waren eher Details die ins Auge stachen. Nach einem gefühlten Jahrhundert erhörte der japanische Konzern meinen Wunsch und verpasste dem Rasen endlich realistische Texturen. Adè grüner Teppich. Auch die Stadien machten in der Außenansicht einen hervorragenden Eindruck.

Der Gameplay Umbruch

Quelle: Konami

Im Spiel selbst fällt das enorm gedrosselte Spieltempo auf. Schon im 2015er Ableger kritisierte ich die Gemächlichkeit des Spiels, 2017 ist jedoch abermals langsamer. Laut Entwicklern auch ganz bewusst. Aber aus meiner Sicht ging man hier in die falsche Richtung, hier spielte sich der Vorgänger für mich etwas angenehmer. Jedoch stieß diese Neuerung nicht nur bei mir auf Kritik. Die Bühne, auf welcher durchgehend Turniere unter den Besuchern ausgefochten wurden, wurde von einem freundlich motivierten Mitarbeiter bemannt, der auch zwischendurch Interviews mit Spielern führte. Dort fielen aber auf die Frage, wie ihnen das Spiel gefiel, immer wieder Worte wie „zu träge“, „sehr langsam“, am klarsten drückte sich ein Spieler aus, der schlichtweg zusammenfasste: „Das Spiel ist echt lahm.“ Zumindest waren dies nur die Eindrücke, während ich am Stand von Konami war. Abgesehen vom Tempo wurde jedoch auch an den richtigen Stellen geschraubt. Die Ballphysik überbietet sich einfach nochmal, und das darf ich vorweg nehmen, weswegen die von FIFA erneut hinten anstehen muss. Zudem sind die Animationen der Spieler am Ball ordentlich überarbeitet worden. Geschmeidige und enorm realistische Abläufe lassen nicht nur ein gutes Spielgefühl aufkommen, sondern sie sehen auch einfach toll aus.

So fühlt sich nicht nur der Bewegungsablauf am Ball gut und nachvollziehbar an, auch Pässe, sowie Ballannahmen verlaufen präzise und äußerst realistisch, ebenso wie Flanken. Nie passierte es mir, dass der Ball in ungewollte Zonen flog. Das ist ein ungemein angenehmes Gefühl. Noch angenehmer war, dass in der Vorwärtsbewegung besonders die Steilpässe sehr oft den Weg durch die gegnerische Viererkette, hin zu meinem Stürmer fanden. Das war so lange angenehm, bis mein Gegenspieler auch herausfand wie effektiv diese Pässe sind. Denn die verlaufen wohl einen Tick „zu“ gut. Sind es im Fußball doch gerade die berühmten letzten Pässe, die so schwer an den Mann zu bringen sind und zu vergebenen Möglichkeiten führen. Doch gerade zu Beginn schaffte es kaum jemand überhaupt mal ins letzte Drittel, da man sich wirklich sehr an das Spieltempo und das damit neue Gameplay gewöhnen musste.

Quelle: Konami

Auch die KI reagierte im Spielaufbau relativ träge, wurde nach vorne hinaus aber zunehmend besser, beinahe schon hervorragend. Verbessert hat sich dagegen die Defensiv KI. Im letzten Ableger störte mich dass sich die Verteidiger oftmals weit nach hinten trieben ließen und zu passiv verteidigten. Diese mal konnte ich jedoch keine Schwächen ausmachen. Die Verteidiger verteilten sich gut, und störten schon früh, sodass der gegnerische Spielaufbau unterbunden werden konnte, was sich deutlich von seinem Vorgänger abhebt. Um aber die Stärken und Schwächen der KI genau herausstellen zu können, braucht man gewiss mehr Spielzeit. Diese Eindrücke waren jedoch für mich sehr prägnant. Auch die so oft kritisierte Torhüter KI machte im kommenden Ableger eine souveräne Figur. Ich konnte keinerlei Aussetzer oder schwerwiegende Fehler feststellen. Aber auch diese Einschätzung bedarf längerer Spielzeit.

Insgesamt hinterließ die Anspiel-Session von PES 2017 einen gemischten Eindruck. Während Ballphysik, Spielgefühl und Animationen am Ball einmal wieder absolut überzeugen, tun sich eher neue Schwächen auf, als alte. So hat es Konami mit der Drosselung des Tempos etwas zu gut gemeint. Dadurch ist gerade der Spielaufbau enorm schwierig, da die Mitspieler halt so ihre Zeit benötigen, um gescheite Offensiv-Routen einzuschlagen. Andererseits konnte man die Defensiv KI auf ein enorm hohes Level führen. Auch die Offensiv KI verrichtet gerade ab der gegnerischen Hälfte erstklassige Arbeit. Definitiv werde ich PES 2017 in der erscheinenden Demo noch intensiver ausprobieren, denn einen ernst zu nehmenden Konkurrenten für Platzhirsch FIFA 17 stellt der japanische Publisher definitiv.

Abseits des reinen Spielerlebnisses möchte ich noch positiv herausstellen, dass man nach der Partie auch an einer freiwilligen Umfrage teilnehmen konnte, die sich damit befasste, wie wir das Spiel mit seinen Stärken und Schwächen einschätzen würden. Abgeschrieben scheint man die Marke noch lange nicht zu haben. 

Mit Frostbyte im neuen Gewand

Quelle: Electronic Arts

Deutlich gefüllter, aber auch natürlich nicht so ansprechend kam hingegen der FIFA 17 Stand daher. Dort konnte man ebenfalls die bald erscheinende Demo erstmals anspielen und auch die hinterließ positive Überraschungen, als auch kleine Ärgernisse. Erste Auffälligkeit: Die Frostbyte Engine sorgt für einen grafischen Auftrieb. Der Unterschied fällt deutlicher aus, als noch von FIFA 15 auf 16. Von Gesichtern, die nun mit spiegelnden Augen versehen sind, über deutlich überarbeiteten Körpermaßen, bis hin zu Gesten und Animationen. FIFA steht EA’s Allzweck Engine wirklich gut. Spielerisch geht aber auch FIFA hin zu einem langsameren Spieltempo über. Zwar ist dieses immer noch schneller als im neuen PES, aber es lässt sich relativ gut mit dem 2016er Ableger von Konamis Ballhatz vergleichen, nur etwas dynamischer. Damit geht die Serie, wie auch mit dem letzten Teil, noch deutlicher in die Simulations Ecke. Das macht definitiv einen gelungenen Eindruck, ohne dass sich FIFA selbst aus den Augen verliert.

Ebenfalls, wie auch bei PES, hat man an der Ball Physik gefeilt. Die kommt zwar immer noch nicht an die der Japaner ran, aber ist schon auf einem sehr hohem Level. Gerade die Schüsse haben einen viel realistischeren Verlauf, sowie eine variablerere Stärke. Allgemein fühlt sich der Ball „freier“ an. Waren bei FIFA 16 schnell alle Richtungen und Höhen wie sich der Ball nun mal verhält herausgefunden, macht die Physik einen weniger gescripteten Eindruck. Das lässt sich natürlich auch erst nach mehreren Stunden herausfinden, in der relativ langen Anspielzeit, die mir zur Verfügung stand, kristallisierte sich zumindest dieser Eindruck heraus. Dadurch fühlte sich das Kombinationsspiel überraschend erfrischend an. Eine Mischung aus „Alt-FIFA“ und „PES“, die zusammen ein kleines spielerisches Highlight abbildet. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Dieser Schatten ist wahrscheinlich auf die von mit eingangs noch gelobte Engine zu führen. Denn es kam hin und wieder zu sehr kuriosen Kollisionen, die ein bisschen was vom Ragdoll-Effekt aufkommen ließen und auch so nicht in der Realität vorkommen. Zumindest deutlich seltener. Das Spiel war zwar nicht überwuchert damit, wenn es jedoch mal passierte, dann konnte man sich aber nur schwer ein Grinsen verkneifen. Hier wird es wohl mehr Arbeitszeit mit der Frostbyte Engine benötigen, um solche Fehler weiter minimieren zu können. Denn insgesamt wirkte der direkte Körperkontakt zwischen zwei Spielern durchaus sehr authentisch, da die Figuren keinen Abstand beim Rempeln hielten, sondern auch tatsächlich Mann an Mann standen, greiften, packten stolperten und kämpften.

Quelle: Electronic Arts

Kernpunkt: Künstliche Intelligenz

Mit der KI von PES war ich fast ausnahmslos zufrieden, in FIFA auch, zumindest fast. Die Offensiv KI ist sogar der von PES überlegen, enorm variabel und clever laufen die Spieler in die Räume, bieten sich an und lösen sich vom Gegenspieler. Hier konnte ich auch trotz der limitierten Spielzeit feststellen, dass die Laufrouten aus dem Vorgänger überarbeitet wurden. Die waren nämlich gut, wiederholten sich jedoch oft. Das Gefühl des „weniger gescriptet sein“ dringt also auch bis in die Laufwege vor. Schimpfen muss ich allerdings etwas mit der Defensiv KI.

Quelle: Electronic Arts

Zwar attackieren auf Wunsch die Spieler früh und verschieben sich gut, allerdings besetzten die Verteidiger hin und wieder offen gewordene Räume nicht, etwa wenn man aus seiner Position heraus brach um den direkten Zweikampf zu suchen. Die Laufroute variierte somit teilweise nicht und der Spieler wich nicht von seiner festgelegten Position ab. Gerade im modernen Fußball ist dieses Verhalten aber enorm wichtig. Komischerweise verhalten sich die Spieler meistens auch wie gewünscht. Lediglich in seltenen, vereinzelten Situationen beobachtete ich diesen Aussetzer, und das ist dann auch recht störend.

Insgesamt muss ich aber dennoch ein wirklich positives Fazit ziehen. Bis auf kleinere Aussetzer, die wahrscheinlich aufgrund des Engine Wechsels auftraten, wie etwa das teilweise Beharren auf der eigenen Position, anstatt wichtigere Räume zu besetzen, sowie den ab und an aufkommenden merkwürdigen Kollisionen. In Puncto Ballphysik, Offensiv-KI, Spieltempo und Kombinationsspiel muss man aber erkennbare Fortschritte feststellen. Auch optisch macht das Spiel erkennbar mehr her. Natürlich muss man auch hier im Langzeittest schauen, ob der zunächst aufkommende Eindruck, dass FIFA 17 in seinen Abläufen deutlich freier und ungezwungener daherkommt, sich auch bestätigt, oder ob nicht doch eine repetitive Komponente versteckt ist. Zumindest in meinen ersten Matches konnte ich diesen positiven Eindruck gewinnen.

Und der Gewinner ist…

Nein, dafür ist es noch zu früh. Ich werde mich erst mit den offiziellen Exemplaren zu einem endgültigen Fazit hinreißen lassen. Jedoch könnte das träge PES 2017 Gefahr laufen, spielerische Einbußen gegenüber seinem Konkurrenten eingestehen zu müssen. Denn die ersten Minuten, die ich bereits mit dem Spiel verbringen durfte, ließen zumindest darauf bezogen ein paar Fragen aufkommen, während FIFA 17 seinen Engine Wechsel noch nicht ganz ohne Nebenwirkungen überstanden hat. Dafür kristallisiert sich jedoch deutlicher heraus, wo die Entwickler mit ihren Serien hin möchte. Immerhin: Konami scheint sich aufgrund der Feedback Umfrage direkt auf der Gamescom sehr wohl Gedanken darüber zu machen, was die Spieler sich wünschen. So oder so, beide hinterließen bei mir insgesamt doch einen wirklich gelungenen Eindruck, und auch wenn für Außenstehende jedes Fußballspiel gleich aussieht, so kann ich Fans jedoch beruhigen: Es tut sich sehr wohl was, dieses Jahr sogar noch mehr als in der jüngeren Vergangenheit!

The Guy who loves Videogames

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