Visionär Anton Corbijn: Vom Celebrity-Fotografen zum Kultregisseur

Welche Eigenschaft macht das künstlerische Schaffen eines Filmemachers eigentlich aus? Sein Gespür für die einzelnen Figuren? Sein Hang zur Theatralik oder doch die Vielfältigkeit seiner Fähigkeiten? Letzteres könnte man durchaus dem niederländischen Regisseur Anton Corbijn zuschreiben, denn der mittlerweile 59-Jährige zeichnet sich vor allem durch eines aus: Das breitgefächerte Repertoire seines künstlerischen Potenzials. Und dabei ist er noch ziemlich neu in seinem Beruf als Regisseur.

Unerfahren allerdings nicht. Bereits mit 19 Jahren arbeitete Corbijn als freier Fotograf. Vor allem mit den Fotos von Prominenten und Popkünstlern wurde der heutige Regisseur bekannt. Auf Momentaufnahmen von Stars folgten Musikvideos diverser berühmter Bands. So vertrauten unter anderem Tom Waits, die Rolling Stones, Joy Division, U2, Bon Jovi und Frank Sinatra auf das fotografische Können von Corbijn. Der unverkennbare Look seiner Videos machte ihn zu einer Ikone in der Branche. Besonders im Gedächtnis geblieben sind seine Visualisierungen zum Depeche-Mode-Song „Enjoy the Silence“ und dem Song „Heart-shaped Box“ von Nirvana, die beide für ihre Zeit revolutionär und avantgardistisch waren. Seine Fotografen-Vergangenheit ließ er dabei nie außen vor. Strukturierte Motivaufnahmen, wenige Schnitte und langsame Aufnahmen aus der Totalen sind nur einige Techniken, die er allzu gern in das Videoformat überträgt. So ist es nicht verwunderlich, dass Corbijn seinen markanten Stil beibehalten und mit nach Hollywood genommen hat.

Corbijns Erfahrungen als Musikvideo-Artdirector und Fotograf haben maßgeblich Einfluss auf seine heutige Regiearbeit und verleihen seinen Filmen einen gewissen Wiedererkennungswert.Besonders seinen ersten beiden cineastischen Werken „Control“ und „The American“ merkt man seine Herkunft aus der Fotografie deutlich an. Die Inszenierung der Motive unterstützt die Handlung und die Schauspieler ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Stilistisch langsame Bilder, klare Farben und Kontraste geben seinen Bewegtbildern einen Touch von Fotografie und machen seine Filme zu einer beeindruckenden Erfahrung für das Auge. 

Seine Leidenschaft für das Bild kommt auch in seinem neuesten Werk, der John-le-Carré-Bestsellerverfilmung A Mmost Wanted Man zur Geltung. Doch sind es hier weder edle Schwarz-Weiß Aufnahmen („Control“), noch langsame Kamerafahrten durch die karge Landschaft Italiens („The American“). Vielmehr verpasst er mit ungewohnten Stadtaufnahmen von Hamburg dem Film eine besondere Bildsprache, die man der Hansestadt hat selten zukommen lassen hat. Ein sonnendurchfluteter Hafen sowie einzigartige Nacht- und Architekturaufnahmen erwecken den Eindruck einer Großstadtmetropole, die dem atmosphärischen Polit-Thriller eine genretypische Stimmung verpasst.

Eine hervorstechende Eigenschaft kann man Anton Corbijn als noch recht neuen Filmemacher also doch explizit zuordnen: Sein Hang zum ästhetischen Bild, das sich nahtlos in das Gesamtwerk seiner Filme eingliedert. Dank seiner Erfahrungen aus der Popwelt sind seine Bilder auffallend, doch nie übertrieben ablenkend. Diese für Corbijn typische Machart und seine Leidenschaft lassen ihn zu einem Visionär unter den Filmemachern aufsteigen.

Wer sich vom Zusammenspiel aus tollen Bildern und spannender Handlung überzeugen möchte, der sollte sich den deutschen Kinostart von A Most Wanted Man am 11. September 2014 auf jeden Fall vormerken.

Quelle: Senator

Lieblings-Genre: Shooter, Horror || Bei Fragen, Anregungen oder Wünschen, schreibt mir an oe@gamersplatform.de

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