This War of Mine im Test – Der Krieg der Psyche

Die Seiten des Krieges haben wir in dutzenden Shootern beleuchtet bekommen, meist großen Produktionen passiert es, dass wir mit einem patriotisch, heroischen Hintergrund gezeigt bekommen, wie groß wir im Krieg sein können. In unserem Test geht es um ein Spiel, dass genau das Gegenteil davon sein möchte. 

Der Kampf ums Überleben

Quelle: Koch Media/ Deep Silver

This War of Mine: The Little Ones ist eine erweiterte Fassung des 2014 erschienen PC Ablegers. Das kleine Spiel avancierte zum Geheimtipp und fuhr durchweg gute Kritiken ein, erstmals können wir nun auch auf Playstation 4 und Xbox One in die neue Spielwelt eintauchen. Doch bevor ich über das neue Feature „The Little Ones“ eingehe, muss man zunächst verstehen, was dieses Spiel eigentlich ist. 

Wir befinden uns zum Start in einem heruntergekommenen Haus, das ist verständlich, schließlich handelt das Spiel zur Zeit eines Krieges. Von Gefechten und Schlachten bekommen wir jedoch nichts mit, das möchte man hier auch gar nicht thematisieren. Vielmehr soll es um die Zivilisten gehen, um die Menschen, die unter dem Krieg zu leiden haben. 

In der stets zufällig generierten Umgebung starten wir mit drei von nun 15 möglichen, zufälligen Charakteren. Jeder Charakter hat andere Eigenschaften. Zum einen ist da Pavle, ein früherer Fußballspieler, vor der Zeit des Krieges, zudem ist er Vater. Jedoch verbergen sich hinter diesem Hintergrund eine Menge relevanter Eigenschaften für das Spiel. So ist Pavle eine besonders schnelle Figur und kann relativ viele Gegenstände mit sich führen. Natürlich reicht die Palette von Charakteren von rauchender Koch, bis hin zur Musikstudentin. Jeder Charakter hat seine eigenen Macken und Merkmale. Neben der eigenen Persönlichkeit, nach der auch bestimmt wird, wie sich die Figuren im Spiel verhalten oder vielleicht in die Depression rutschen, bringt jeder Charakter auch seine eigene Hintergrund Geschichte mit und führt während des Spiels Tagebuch. So erfährt man viel über die Denkweise.  

In der düsteren und gnadenlosen Welt gilt es nun in der durch den Krieg verwüsteten Gegend zu überleben. Natürlich brauchen die Menschen Nahrung, Schlaf oder Aufmunterung. Aber in This War of Mine wird einem das Leben im Krieg sehr genau aufgedröselt und entpuppt sich als tiefes Überlebensdrama. Denn zu Beginn befinden wir uns nur in dem zerstörten Haus. Ein Bett gibt es nicht, das müssen wir uns erst zurecht werkeln, ohne Werkbank ist das jedoch schwierig. Deshalb müssen wir unsere Umgebung stets nach Materialien durchsuchen. Ob Holz oder Kräuter, man sollte nehmen was man kriegt, denn nichts davon kann man genug haben. Doch bald ist die Wohnung bis aufs Letzte ausgebeutet und man benötigt weitere Materialien, um etwas einen Fangkäfig zu bauen, mit dem man Nahrung sammelt, oder ein Wasserauffangbehälter. Zum Glück können wir per Tastendruck zwischen allen Protagonisten hin und her wechseln und somit mehrere Aufgaben parallel erfüllen. Doch da bricht schon die Nacht herein, und die Nächte im Krieg sind nicht die ruhigsten.

Wie weit würdest du gehen?

Quelle: Koch Media/ Deep Silver

Denn nun stellt sich die Frage, ob man Plündern geht, um Ressourcen aufzufrischen, sich lieber ausruht, oder Wachen aufstellt. Auch die Frage wer von den Figuren was übernimmt ist enorm wichtig. Denn in der Nacht kann die eigene Unterkunft angegriffen werden, weswegen sich eine Wache sehr empfiehlt.  

Geht man auf Beutejagd erhält man Zugriff auf eine kleine Karte mit mehreren Orten, die wir bereisen können. Von alten leer stehenden Häusern, bis hin zu einer zerstörten Schule oder einem alten Supermarkt ist alles dabei. Jedoch finden wir an den Orten, an denen sich niemand herum treibt auch weniger Material, während der Supermarkt viele Ressourcen bietet, aber auch von anderen Plünderern aufgesucht wird. Es gilt somit zunächst sich leise fortzubewegen, Laufwege zu studieren und anderen aus dem Weg zu gehen. Sofern die Plünderung nämlich erfolgreich war und uns selbst niemand zuhause ausgebeutet hat, gilt es nämlich weitere Dinge herzustellen. Das reicht vom Werkzeug, um Türen zu öffnen, bis hin zu einem Kräuterbeet.  

Auch Waffen lassen sich craften. Damit könnt nachts Unschuldige, aber auch andere Bewaffnete Plünderer ausschalten. Doch wo uns ein heroische Shooter hierfür belohnen würde, stellt uns This War of Mine eine Hürde, nämlich die Psyche der Menschen. Denn die werden je nach Spielweise psychisch sehr darunter leiden, wie man mit der Welt agiert. Das Ausrauben oder Töten anderer Menschen wird sie sehr mitnehmen und die Leute fangen an traurig, oder gar depressiv zu werden und liegen dann regungslos im Bett vor Angst und Selbstzweifel. Anhand des Tagebuchs lassen sich die Gefühle besonders genau deuten. Darin sieht man, dass sich die Personen anfangen selbst zu hinterfragen. Darf man im Krieg stehlen, darf man über Leichen gehen um das eigene Überleben und das seiner Freunde zu sichern? Das sind keine Fragen, die sich das Spiel nur allein stellt, sondern die sich auch der Spieler selbst stellen muss. 

Krieg aus einer anderen Perspektive

Quelle: Koch Media/ Deep Silver

Denn die Truppe hat Hunger, braucht Nahrung, braucht Schlaf. Das sind nur einige der Bedürfnisse. Auch Krankheit und Verletzungen, etwa durch feindliche Angriffe, müssen geheilt werden. Aber für jedes Problem gibt es auch eine Lösung. Es gibt nämlich auch Charaktere die mit Musik oder besonderen Einfühlungsvermögen Leute wieder aufbauen können. Raucher werden sich zudem über eine Zigarette sehr freuen. Es gibt sehr viele Wege This War of Mine zu spielen und den Krieg zu überleben. Doch die Zeit bringt neue Herausforderungen mit sich, so bricht auch irgendwann der Winter ein. Die Temperatur, eine neue Komponente kommt hinzu. Es muss geheizt werden und Brennstoff braucht man ebenfalls.   

Auch zufällige Besuche halten das Spielgeschehen schön abwechslungsreich. Anwohner bitten etwa um Hilfe, die unsere Leute bei einem Erfolg moralisch aufbauen kann. Auch Händler klopfen gelegentlich an. Statt Geld, will der jedoch Ware für Ware tauschen. Auch da gibt es Charaktere, die besonders gut verhandeln können. 

This War of Mine ist in seiner Art ein Antikriegsspiel zu sein erschreckend gut. Neben dem sehr nachvollziehbaren Survival Aspekt, gepaart mit einem guten Crafting System, hat mir jedoch am besten gefallen, wie man den Mensch selbst in den Mittelpunkt rückt. Nicht als heroische Figur, nicht als ein Held, nicht als einen Krieger. Sondern als Abbild eines jeden selbst, mit den Problemen die der Krieg mit sich bringt. Survival, gepaart mit dem psychischen Komponenten ist This War of Mine in sich schon einzigartig. Man baut tatsächlich eine Bindung zu seinen Figuren auf und muss sich mit ihnen beschäftigen, um seine Truppe durch den Krieg zu führen. So facettenreich dabei zu sein, verdient Lob.  

Quelle: Koch Media/ Deep Silver

Dazu ist die Abbildung des Krieges sehr gut gelungen, man bekommt zwar nichts vom Krieg mit, jedoch erlebt man die Auswirkungen sehr detailliert und nachvollziehbar. Das ist nämlich keine Welt, in der wir leben wollen, sondern aus der wir unsere Schützlinge heile raus bekommen möchten. Denn nicht nur Krieg, auch das Spiel selbst ist hart und verzeiht keine Fehler. Legt igr falsche Prioritäten, wird dich das irgendwann bestrafen. Stirbt ein Charakter im Kampf, dann bleibt er auch verloren. Gerade dadurch nehmt ihr das Spiel und ihre Figuren noch ernster und emotionaler war. Es gibt noch zahlreiche Details, die diesen Fokus bekräftigen, aber alle zu nennen würde  den Rahmen sprengen. 

Aber nicht alles ist am Spiel vollends gelungen, auch wenn da nicht viel zu bemäkeln ist. Jedoch laufen die Kämpfe nicht so ab wie man es gern hätte. Es gibt nämlich, sofern Gegner während einer Plünderung in der Nähe sind, zwei Modi. In dem einen Modus schleichen wir uns voran und können plündern, im anderen Modus sind wir kampfbereit und können etwa mit einem Messer heimlich Feinde auch aus dem Hinterhalt angreifen. Leider ist die Kollisionsabfrage in den Nahkampf Gefechten ungenau und die Steuerung holprig. Zwar bewegen wir uns im herkömmlichen Spiel sehr gut durch die Welt, sobald es aber zu Kämpfen kommt wollen Eingabe, Animation und Kollision nicht so recht zusammen passen. Bis auf diese Tatsache habe ich aber nichts was mich besonders gestört hat. Manch einer mag die Textlastigkeit stören, da auf Sprachausgabe verzichtet wird. Mir gefällt gerade das jedoch, weil die Figuren in meinem Kopf somit auch eine größere Freiheit bekommen und sie besser in mein Vorstellungsvermögen passen. 

"The Little Ones"

Quelle: Koch Media/ Deep Silver

Doch kommen wir zu den dem eigentlichen neuen Teil, den Kindern. Davon gibt es nun sechs Stück und bringen eine ganz neue Lebendigkeit und Tiefe ins Spiel. Die Kinder sind nämlich auch Charaktere mit denen man ganz normal interagieren und Dinge ausführen kann, wie eben mit den Erwachsenen auch. Zudem besteht eine ganz andere Bindung von Erwachsener zu Kind, wenn es sich um die eigene Familie handelt. Denn die Kinder sind zum Beispiel sehr fixiert auf ihren eigenen Vater, warten beispielsweise, wenn der Papa nachts auf Plünderung geht und können vor Angst kaum schlafen. 

Die Kinder sind außerdem auch noch mit anderen Bedürfnissen ausgestattet und wollen auch einfach mal nur spielen oder wollen auch in die Schule gehen. Drum ist es einem selbst überlassen wie man mit ihnen auf diese Welt eingehen möchte. So kann man Spielzeug bauen, Teddy’s bei einer Plünderung mitnehmen und die Kinder möglichst vor den Gefahren und den Umständen der Spielwelt schützen. Jedoch kann man auch die Kinder darauf vorbereiten und sich trainieren und Aufgaben zum Überleben übernehmen lassen. 

Je nach Umgang wirkt sich dies auch auf die Psyche und Verhaltensweise des Kindes aus. Jede Art mit ihnen zu interagieren hat ihre Vor- und Nachteile. Es soll auch eine Bindung zwischen Kind und Spieler entstehen, etwa wie weit man für Kinder gehen würde, oder ob man zu anderen Mitteln greift, wenn das Kind in Gefahr ist. Auch das gelingt hier, wie auch im Hauptspiel, durch eine sehr genaue und emotionale Einbringung der Charaktere. Die Kinder sind jedoch optional. Dank des Szenarien Editors kann man auswählen, ob man auch die „Little Ones“ spielen möchte, oder nur Erwachsene, welche Orte es geben soll oder wie lang der Krieg andauern soll. 

Da zudem die Umgebungen zufallsgeneriert, aber immer auf hohem Niveau sind, ist stetig für Abwechslung gesorgt, weil jede Runde neue und abwechslungsreiche Herausforderungen mit sich bringt. Dazu kommt auch der besondere Art-Style des Spiels. Dunkle Töne bestimmen das Farbbild und wird verstärkt durch die leichte Überzeichnung im Hinblick auf die minimalistische, aber sehr passende Grafik.

Fazit

Dass man in Polen das Handwerk „Videospiel“ beherrscht, ist spätestens seit der Witcher Serie bekannt. Die Jungs von 11 Bit Games unterstreichen das nochmals mit Bravour. Dabei ist This War of Mine: The Little Ones nicht einfach nur ein tolles Spiel, es ist auch eins, dass in seiner Art einzigartig ist und wenig Konkurrenz hat. Neben dem bedrückendem Design und dem sehr nachvollziehbaren Survival Aspekt, ist es besonders die soziale Komponente die heraus sticht. Erst durch die Verbindung von Figur zu Figur, Figur zur Umwelt und Figur zu Spieler wird das Spiel zu dem was es ist. Auch durch die hinzu gekommenen Kinder entsteht eine noch tiefere Atmosphäre und spielerische Abwechslung, sodass This War of Mine: The Little Ones eine ganz klare Kaufempfehlung von mir bekommt. Nicht nur weil es ein sehr gutes Spiel ist, sondern weil es sich abhebt und anders ist und damit eine Nische füllt, die viel zu lange unbesetzt geblieben ist. 

Good

  • Sehr dichte, emotionale Atmosphäre
  • Gnadenlosigkeit des Krieges toll umgesetzt
  • Besondere soziale Komponente
  • Sehr individuelle Charaktere mit besonderen Eigenschaften
  • Gelungene Umsetzung des Crafting und Survival Aspekt

Bad

  • sehr holprige Steuerung im Kampfmodus
  • Keine richtige Einführung
8.5

Toll

The Guy who loves Videogames

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